Die Scopelitis – 1997

Ich habe vor einiger Zeit einen Text gelesen über die “Skopelitis Express”, die heutzutage von Naxos aus die kleinen Kykladen … Irakleia, Schinoussa, Koufonissi, Donoussa und Amorgos … an die Welt anschließt: Das arme Schiffchen habe so einen großen Namen, und sei in der Realität so”bescheiden” zugeschnitten, daß es bei Sturm nicht einmal die etwas abgelegene Insel Donoussa erreichen könne …!
Der Autor kannte ihren Vorgänger, die alte “Scopelitis” wohl nicht, die 1998 aus dem Verkehr gezogen wurde … (die Skopelitis Express ist doppelt so groß!) …

Skopelitis Naxos 1
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Wer wirklich mal ägäischen Nordwind und rollende See erleben wollte, der war hier richtig …! Start in Naxos, Frühjahr 1997, es wird gerade geladen: Bauholz und Stahlmatten vorne drauf, Stückgut, Zigaretten, mindestens 2 Kubikmeter Kartoffel-Chips und die Post in den “Salon”, noch etwa 15 Passagiere dazu, drei plastikverschweißte Tiefkühlschränke und 2 (!) Autos ins Heck …

Skopelitis Naxos 2
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Ja, zwei Autos, mehr gingen nämlich beim besten Willen nicht rein. Um 15 Uhr ging es in Naxos los, abends um 23 Uhr Ankunft in Katapola (es war zwar Sturm und Nordwind, aber es ging zwischendurch trotzdem nach Donoussa). Der Kapitän ließ die vier Touristen auf dem Oberdeck auf der Tour Richtung Donoussa nur höflich bitten, gegebenenfalls den “Salon” aufzusuchen. Richtige Gefahr sah für das Schiff anders aus …

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Kleiner Zwischenstop: Der (selbstgebaute) Koufonissi-Logistik-Sprinter übernimmt Waren für den Minimarkt. Man beachte das Mercedes-Zeichen …

Katapola. Ein paar Tage später. Die Rückreise, leider. Wo gibt es Tickets? Die gab es im Nautikon Praktorion, bei Nikolaos Preka(s):

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Wo ist Kyrios Preka? Natürlich nicht links in dem kleinen Holzkästchen (das sein Büro ist), sondern hinter der blauen Tür, in der Taverne. Wo es die Sammlung wunderbar-bizarrer Kunstobjekte aus alten Fernsehgeräten gibt! Da, der ältere Herr mit dem weißen Schnurrbart:

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Wir setzen uns an den Nebentisch, auf einen Ouzo, fragen rüber: Signome, Kyrios Preka, geht die Scopelitis morgen? Und ein Taxi um fünf Uhr früh, ab Xilokeratidi? (1997 gab es nur ein einziges Taxi auf der Insel, und der Taxifahrer – der mit dem melancholischen Blick und der Zigarette – sitzt gerade im Hintergrund …)

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Ach, die Scopelitis und Fahrpläne. Das hing ja immer auch vom Wetter ab …! Gut, wir klären es sofort! Nikolaos weiß IMMER, wo der Taxifahrer ist, wenn der unterwegs ist, und er weiß auch, wo die Scopelitis gerade ist, er hat ja auch den Funkverkehr zum Schiff! Nein, ein Mobiltelefon hatte niemand …

Skopelitis Katapola
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Am nächsten Tag, morgens um fünf. Gleich geht es wieder zurück nach Naxos. Wir waren an dem Morgen zwei Passagiere ab Amorgos bis Koufonissi. Dort wurden dann zwei Ziegen und sechs weitere Passagiere dazugeladen …

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Ein paar Fakten … die Skopelitis:
39 Meter lang, 7 Meter breit, 1000 PS, Maximalgeschwindigkeit 15 Knoten (27 km/Std).
Und … “Die Skopelitis nimmt jede Welle mit, schon bei mittlerem Wind taumeln ihre Gäste übers Deck.” (Uwe Wandrey).

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9 comments

  1. Ja, das waren noch Zeiten,

    als die kleine Skopelitis rumschipperte.
    Und auch die anderen Fähren waren überfüllt, führen manchmal Stunden später ab, änderten auch mal kurzfristig den Fahrplan, der nur mit Kreide auf einer Tafel vorne stand.

    Hier muss auch gleich ein Kompliment zu deinen schönen Ausführungen und die tollen Fotos machen

    LG Dieter

  2. Ach, die gute alte Skopelitis. Mit ihr verbiinde ich die Erinnerung an ein paar Stunden, die mit zu den schrecklichsten meines Lebens zählen! Es muss die alte Skopelitis gewesen sein, 1996 oder 1997.
    Ich sollte vorher erwähnen, dass ich leicht seekrank werde – und dummerweise hatte ich keine Dramamine-Tabletten genommen 🙂 Den Sturm auf dem Weg von Naxos nach Amorgos kennen die meisten, die die Strecke schon befahren haben. Ich saß mit meiner auf meinem Schoß tief schlafenden kleinen Tochter in der Kabine und betete vor mich hin, links neben mir ein Priester, dessen klappernder Rosenkranz mich dabei unterstütze. Der Wind heulte, die Wellen klatschten gegen die Fenster, und um den Horror zu unterstützen, gab es noch “das Rindvieh” an Bord. Man hatte hinten in den “Frachtraum” einen Ochsen gepfercht – oder war´s ein Stier? Irgendsowas. Das Tier befand sich natürlich in totaler Panik und raste förmlich – schrie und trat so um sich, dass ich dachte, die ganze kleine Skopelitis löst sich gleich in Wohlgefallen auf!
    Wir waren eine größere Damen-Schar – 4 erwachsene Frauen und 3 Mädels zwischen 4 und 12. Meine Freundinnnen retteten sich über die Fahrt, indem sie sich Ouzo-trinkend an Deck festklammerten.
    Auch die schlimmsten Stunden gingen vorüber – wir landeten mitten in der Nacht in Katapola. Ich war mir nicht mehr so sicher, welches meine Füße oder meine Hände waren, ob mein Kopf unten und mein Magen oben ist, aber tapfer nahm ich Kind und Gepäck und versuchte es mal mit dem Gehen. Beim Durchqueren des Verschlages hätte ich allerdings Gummistiefel gebraucht, denn das Rindvieh hatte seinen kompletten Darm entleert – ich spare mir die nähere Beschreibung, aber ich watete knöcheltief. Mehr tot als lebendig fiel ich auf den Kai.
    Nun wollten wir aber gar nicht nach Katapola, sondern nach Aegiali. Meine Freundin Hanne telefonierte mit Katharina dort, und es wurde sogleich (mitten in der Nacht!) ein Bus auf die Reise quer über die Insel geschickt. Während wir warteten, verfielen wir – wie es oft bei Überlebenden einer größeren Katastrophe so ist :-))) in eine Art hysterische Fröhlichkeit, und veranstalteten im schlafenden Katapola einen Rundtanz mit uns 7 “Feen” 🙂 Dann gab es eine fröhliche Busfahrt (mit den Bergen und Kurven konnte sich mein gefolterter Magen nicht so ganz anfreunden), und als wir irgendwann alle glücklich bei Katharina in den Betten lagen, wusste ich: was dich nicht umbringt, macht dich hart :-))))

    Schöne Website – das sind ja Monate zum Lesen 🙂
    Grüße,
    Martina(ki)

  3. Hallo Martina, schöne Story, sowas vergißt man nicht, auch nicht, wenn man ein Rindvieh ist … 🙂 … was das Lesen angeht, es soll ja noch mehr werden, ich bin im Mai unterwegs, und hoffe, im Juni was Neues erzählen zu können. Theo

  4. Liebe Martina,
    das ist aber wirklich die heftigste Skopelitis-Geschichte, die ich je gehört habe….und sehr beeindruckend geschildert!
    Respekt!
    Lieber Theo, ich fahre auch im Mai kurz nach Griechenland.
    Viel Freude bei Deiner Reise wünsch ich Dir! Vielleicht kreuzen sich ja die Wege unbemerkt.
    Steffen.

  5. Habt Ihr gewusst das die alte Skopelitis ursprünglich auf dem Bodensee fuhr…. Als sie damals ausgemustert wurde hat man sie in die Ägäis verkauft.
    Ich fuhr 1994 mal von Amorgos zurück als eine Delfinschule neben der Skopelitis auftauchte. Um zu Photografieren musste ich durch den Schiffsrumpf und fand da Schilder mit Meersburg und Bitte rechts aussteigen usw. Als ich nachfragte erzählte mir einer aus der Mannschaft die Bodensee Geschichte.
    Keng

  6. Hallo Keng, hast du das vielleicht auch fotografiert, was an Bord von der Bodensee-Geschichte noch zu sehen war? Ich könnte mich nicht an sowas erinnern, aber ich gehe auch noch mal durch meine eigenen alten Fotos von 1997. Wer weiß …! Theo

  7. “… die Bodenseestory ist wirklich Seemannsgarn, die Scopelitis ist 1965 auf der Chomata-Werft in Thes/niki vom Stapel gelaufen.”
    Zitat aus InGreece-Forumsbeitrag von Skylopnichtis, 04.11.08
    Theo

  8. Ich war mit meinem besten Freund 1990 oder 1992 auf der Skopeltis von Naxos Richtung kleine Kykladen unterwegs. Heftiger Seegang. Den Kahn hat es nur so hin und her geschleudert. Die beiden Toiletten, waren es 2?, warwn von oben bis unten vollgekotzt. Schlimm. Wir haben uns überlegt, wo es am wenigsten schaukelt. In der Mitte des Bootes unter Deck. Ging aber gar nicht bei der Hitze, also oben. Und nichts essen und trinken. Den Magen möglichst leer halten. Als Segler würde ich das heute ein klein wenig anders machen 🙂 Erdnüsse, Salz ..

    Irgendwann tauchte der Bug richtig tief ein, vorne kotze jemand. Der Wind hat das dann alles wunderbar aufgenommen und ganz kompakt übers Deck in Richtung Heck getragen. Vor uns saß ein Pärchen. Sie im weißen Sweatshirt. Und hat alles frontal abbekommen. Wir sind vor Lachen von den Bänken gefallen. Unfaßbar. Direkt aufs Sweatshirt. Das sah einfach so malerisch aus 🙂 Besser als im Kino. Ihr Freund fand es auch erst ganz amüsant – sie weniger. Am Ende hat er uns beiden Hünherbrüsten Schläge angedroht. Wir haben uns getrollt. Das Lachen hat gegen die Seekrankheit geholfen.

    In einem Hafen einer der kleinen Kykladen. Sand abladen. Am Pier stand ein Trecker. Dummerweise landete der Sand nicht auf der Ladefläche, sondern an Land. Großes Geschreie. Und großes Gezeter. Griechenland – hektisches Gestikulieren, hin und her Gerenne. Keiner hat den Hut auf. Normal halt. Einfach toll. So muß das einfach sein. Dafür liebe ich dieses Land. Und es gibt so viele Ecken, die unentdeckt sind, wo es noch heute untouristisch ist. Der Norden des Festlandes, der Osten Richtung Alexandroupoli. Lieblingsland einfach.

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