Ist es einen Umweg wert? Teil 1

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Lassithi 4.0…? Der Xirolimni-Windkraftpark.
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Wer sich vom Wind – und ohne fixen Reiseplan – über das östliche Kreta wehen läßt, findet eine ganze Reihe von Zielen, die man mehr oder weniger in B-, C- oder D-Kategorien einreihen könnte.
Und die A-Kategorie? Da war eigentlich nichts. Gut, ob ich subjektiv (!) die Katharo-Hochebene dort einordne, das weiß ich frühestens, wenn ich die Gegend mal im Frühsommer erlebt habe. Objektiv (!) gesehen, wäre das sicher eine Überschätzung.
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Die Einstufung ist immer von persönlichen Vorlieben beeinflußt. Der Taxifahrer, der mich zum Flughafen nach Düsseldorf fuhr, lenkt jeden Sommer seinen Daimler in Richtung Kefalonia. Sein Griechenland ist Kefalonia. Ich habe nicht nachgebohrt, was ihn an der Insel fasziniert, und warum er nie woanders hinfährt. Macht sein Verhalten, also seine Bewertung, die Insel für Sie nun interessanter? Oder eher nicht?
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Ich bewerte seit längerer Zeit online weder Einkäufe, noch Hotels, Personen, Musik, Filme, Nachrichten oder Service-Leistungen.
Mir hat mal jemand gesagt: „Der Schwabe, der lobt nie was. Und wenn er nix sagt, dann ist er zufrieden.“
Ich bin kein Schwabe. Aber so halte ich es meist auch.
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Also, Lassithi, Spinalonga, Vái, Ierapetra hatten wir schon. Bewertungssternchen werden nicht verteilt.
Was ist in Ost-Kreta sonst noch einen Umweg wert?
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Umwege können auch so aussehen: Straße von Mitato nach Karidi, heute als winterliche Seenplatte.
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Nette Gegend. Aber wir kommen hier ja nur mal kurz durch, wir wollen nach Zakros. Der (Um-)Weg ist nicht das Ziel.
Zakros selbst ist nur ein unauffälliges Dorf, mit einem gewissen Zentrumseffekt in einer kargen und einsamen Gegend. Das Wetter im Dorf ist angenehm, es ist nichts los, und in den Gärten blühen die Rosen, mitten im Januar:
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Ist ja auch was. Aber eigentlich wollen wir ja nach Kato Zakros. Kato Zakros liegt am Meer, gut acht Straßen-Kilometer entfernt vom Hauptort:
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Katharina wird mich im Strandort „deponieren“, während sie versucht, so viel wie möglich vom „Tal der Toten“ zu sehen. Eine Schlucht mit senkrechten Wänden, in deren Höhlen früher die Toten bestattet wurden. Eine Schlucht, die fast bis zum Meer führt (im Foto links), wo der minoische Palast von Kato Zakros inzwischen zum größten Teil ausgegraben ist.
Der Palast und die Wohnsiedlung sind seit 3500 Jahren verlassen. Einige bedeutende Funde aus der alten Zeit wurden dort gemacht – die sind allerdings inzwischen im Archäologischen Museum in Iraklio. Wer sich hierher verläuft, dem bleiben die Reste der Fundamente. Und ohne fachliche Führung ist der Besuch ziemlich frustrierend – trotz der Hinweistafeln:
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Im Grunde ist man froh, daß nicht “nachempfindend” so viel wieder aufgebaut wurde wie in Knossos. Ein Teil der Anlage von Zakros steht – nicht nur im Winter – noch unter Wasser:
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img_8851_a400_noentryKein Wunder, daß der letzte Einlaß in die Anlage noch 15 Minuten vor dem Schließen erfolgt.
So mancher wird nämlich keine 15 Minuten brauchen, bevor er sich wieder anderen Dingen zuwendet. Dem Strand vielleicht.
Wenn er/sie gerade von dort hierher kommt, wird ihm/ihr bei unzureichender Bekleidung allerdings der Einlaß verwehrt. Verständlich.
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Kato Zakros
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Mir hat mein Knie allerdings den Rundgang im „Tal der Toten“ verwehrt. Ausreichend bekleidet bin ich ja sonst … 🙂 …  aber den schwierigen Weg auf dem Talgrund kann ich mir im Moment nicht zumuten. Katharina verschwindet mit Turboschritten zwischen den Steilwänden.
Aber ein bißchen rein muß ich doch! Wenigstens ein kleines Stück den Weitwanderweg E4 entlang, der quer über die ganze Insel geht und hier in dramatischer Form endet:
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img_8877_a250_deadsgorgeDie ersten (Bestattungs-)Höhlen findet man schon nach hundert Schritten. Der Weg ist meist ziemlich überwachsen und jahreszeitgemäß oft unter frühlingsgrünem Klee verschwunden.
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Hier bereue ich, daß meine neuen Wanderstöcke so extraleicht konstruiert sind. Man kann sie nur schlecht gegen das Gewirr der kahlen Zweige stemmen, um den Weg zu öffnen.
Warum leiht mir keiner ein Maultier? Moment, gibt es überhaupt noch Maultiere auf der Insel?
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img_8990_a250_smsAlso zurück zum Talausgang, zurück ans Wasser. In der Sonne sitzen und träumen.
Einer alten Frau beim Kräutersammeln zusehen. Wofür verschiedenfarbige Plastiktüten nicht nützlich sind!
Zusehen, wie Katharina von Einheimischen, die von der Olivenernte kommen, eine Orange geschenkt kriegt.
Und den Besuch in der einzigen Taverne nicht auslassen, die hier heute auf hat (Glaros). Wenn Sie eine Portion Fett und Knochen und halbrohe Kartoffeln mögen, ist deren ‚Lamm aus dem Backofen‘ genau das richtige für Sie!
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Zurück geht es über Palékastro. Wo der Individualtourismus am Ortsrand fürsorglich in Obhut genommen wird, und der kleine Supermarkt sogar Retsina (!) führt. Das trinkt ja kaum ein Kreter.
Von hier aus hatte Katharina gestern noch ein Gipfel-Heiligtum in Angriff genommen (Petsopha)– während ich mich auf einen Spaziergang durch die weiten Olivengärten in der Ebene von Agathia machte. Wegweiser führen zu den Resten einer minoischen Villa. Noch mehr Fundamentreste? Oh nein. Hier soll der Weg das Ziel sein …
In der Taverne „Vai“ in Palékastro hatte uns die Wirtin am Nachmittag so reichlich aufgetischt, daß ein Verdauungsspaziergang dringend nötig war …
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Oliven …? Oft sieht es aus, als müßte man wegen der Olivenernte auch einen Umweg machen. Etwa wenn gerade neben der Straße geerntet wird, und die Netze, in die die geernteten Früchte fallen, bis zur anderen Straßenseite ausgebreitet sind.
Aber fahren Sie ruhig (vorsichtig) drüber weg. Niemand nimmt für Sie das Netz weg. Und wenn zufällig der Nachbar vorbeikommt, dann stoppt er mitten in dem zerquetschten Olivensalat und hält mit den Erntehelfern ein kleines Schwätzchen. Bißchen Schwund ist immer …
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Ganz nebenbei: Manchmal erfährt man zunächst nicht, oder hat vergessen, warum jemand unbedingt an einen bestimmten Ort will. So machen wir einen Umweg in ein Bergdorf, das „Griechischlehrerinnen ganz weh- und fernmütig“ werden läßt.
Katharina kann dazu eine lange Geschichte erzählen. Verstehe ich gut. Schließlich fahre ich wegen eines finnischen Schriftstellers auch nach Leros und suche tagelang das Haus, in dem er gewohnt hat…
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So. War dieser Text jetzt ein bißchen zu “zakroslastig”? Sorry. Ändert sich sofort!
Weitere Umwege im 2. Teil!
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> WEITER MIT: DIE LASSITHI-HOCHEBENE, 12.01.2017
> WEITER MIT: ZUR KATHARO-HOCHEBENE, 1. VERSUCH
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> WEITER MIT: IM WINTERSCHLAF – DAS VENEZIANISCHE ERBE
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2 comments

  1. Tja, die Story mit dem kretischen Bergdorf…. aaalso, die geht so:
    Meine bzw. unsere Griechischlehrerin Katerina, aus Athen stammend, macht gerne Urlaub in dem kretischen Bergdorf S.. Und weil Katerina unsere Unterrichtsunterlagen selbst erstellt, und sich dabei vom echten Leben inspirieren läßt, folgen wir darin unseren Helden, zwei Studentinnen und zwei jungen Ärzten, von Thessaloniki nach Kreta, wo der eine Arzt namens Dimitris herstammt. Eigentlich soll Dimitris mit seinem Kollegen und Freund Petros dort bei der Olivenernte helfen weil die Arbeiter krank geworden sind, während die Mädel die kretische Gastfreundschaft von Dimitris Eltern genießen. Aber es gibt Ent- und Verwicklungen, und neben Dimitris Eltern spielen noch kranke Hühner, ein zweibeiniges Pferd und eine ominöse Maria eine Rolle…. Fortsetzung folgt….

    Den echten dörflichen Schauplatz wollte ich mir unbedingt mal ansehen. Leider ware wir nicht im Kafenio um nach Dimitris Eltern zu fragen. Und wie es den kranken Hühnern geht.
    Tin epomeni fora….

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