Serifos 2 Chora, alte Pfade

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Wenigstens einmal sollten Sie den gepflasterten Fußweg von Livadi nach Chora hinaufgelaufen (!) sein, um ein Gefühl für die Entfernung in der Art “der alten Zeit” zu kriegen. Der Fußweg ist wesentlich kürzer als die Fahrstraße, aber steiler.ZURÜCK ZU SEITE: Serifos 1 Nix ist umsonst

“Am Hafen stehen nur einige Magazine und ein paar Capellen, die Stadt aber liegt eine starke halbe Stunde (mit dem Maultier!) von dort auf der Spitze eines schroffen Granitfelsens. Der Weg führt anfangs, am innersten Winkel des Hafens, über eine kleine, halb versumpfte Wiese, die einzige Fläche dieser Art, welche das felsige Eiland darbietet. (Livadi = Weide)
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Jenseits dieser Wiese klimmt der Pfad jene Granitklippe hinan, wo in einer Höhe von etwa 800 Fuß über dem Meere die elenden Häuser der Stadt wie Schwalbennester an dem spitzigen, mit einer Art von festem Schloß gekrönten Gipfel des Felsens kleben. Die meisten Gassen, wenn man ihnen diesen Namen gönnen will, sind so eng, daß ein beladenes Saumthier nicht durchkommen kann, und so steil, als wären sie für Gemsen oder Ziegen angelegt. Aber den Platz dieser edlern Thiere nimmt ein schmutziges Geschlecht zahlloser Schweine ein, die mit erstaunlichem Geschick die Felsen auf- und abspringen, und mit einem wenig ekeln Geschmacke die Reinlichkeitspolizei handhaben, indem sie alles, was auf die Straßen geworfen wird, in wenig Augenblicken verschlingen.
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Diese Stadt, in der wir bald ein erträgliches Unterkommen fanden, ist, wenn man einige zerstreute Häuser ausnimmt, der einzige bewohnte Ort auf Seriphos, und zählt gegenwärtig über 2.000 Einwohner. Das Hauptproduct der Insel ist Wein, gegen 7000 Barils (kleine Fässer); der größere Theil der Trauben wird jedoch, da die meisten Weinfelder sehr hoch auf dem Rücken der Berge liegen, wo sie erst spät zur Reife kommen, frisch nach Syros und vorzüglich nach Athen ausgeführt.”
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Chora/Serifos, aus “Inselreisen” von Ludwig Ross, 12. Brief, August 1837
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Wenn es um die griechischen Inseln im 19. Jahrhundert geht (als es noch keinerlei Inseltourismus gab), ist Ludwig Ross immer besser als alle Reiseführer der Zeit. Da gibt es bei Baedeker zu Seriphos nur ein einziges Wort: “Eisenbergbau”, und Joanne & Isambert berichten im Itineraire de L’Orient 1861 nur abfällig: “Sériphos est une longue arête de rochers arides, qui ne contient qu’un misérable village.” Murray’s Handbook Greece von 1900 hat wenigstens einige Basisinformationen über die Insel.
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Blick von Chora zur Bucht von Livadi
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Nach dem Aufstieg von Livadi haben Sie sich die Pause auf der malerischen Platia von Chora dann ehrlich verdient!
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Hinter dem Dorf, wo Sie eine Reihe von Windmühlen finden, hält auch der Bus. Links von den Windmühlen beginnt allerdings der schönste Fußweg der Insel, ein alter gemauerter Maultierpfad am Hang des Petrias-Berges. Der Weg ist gut markiert:
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Kunstvoll gemauerter alter Maultierpfad am Petriasberg
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“(Wir brachen zeitig auf) und ritten auf einem entsetzlichen Pfade, den man nur auf dem Rücken eines griechischen Maulthiers zu betreten wagen darf, in westlicher Richtung an dem Abhange des höchsten Berges der Insel hin.”
(Ludwig Ross, s.o.)
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So entsetzlich ist der Weg gar nicht! Wenn Sie feste Schuhe tragen. Aber er ist vollkommen schattenlos. Laufen Sie wenigstens hinauf zur Kapelle Aghios Georgios. Die Blicke hinunter auf das Dorf Chora und die Bucht und hinüber nach Sifnos sind wunderschön:
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Wenn Sie etwas ehrgeiziger sind … es ist gar kein Problem, von hier aus ins alte Erzrevier oder zum Kloster Taxiarchis zu kommen. (Am besten ist es jedoch, Sie lassen dann den Fußweg von Livadi nach Chora weg und starten frisch und ausgeruht an den Windmühlen!) Ein Stück hinter der Aghios Georgios Kapelle finden Sie den Hubschrauberlandeplatz. Halten Sie sich dahinter auf der Asphaltstraße rechts. Sie können gemütlich der Landstraße in Richtung der Dörfchen Panaghia und Ghalani zum Kloster folgen (praktisch kein Verkehr), aber es gibt unterwegs viele Fußwegvarianten. (Wichtig: Kaufen Sie auf jeden Fall vorher die ganz ausgezeichnete Anavasi-Wanderkarte Serifos 1:20.000)
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Das weiße Fleckchen hinten links ist das Dorf Ghalani. Übrigens, die Taverne, die sich im Foto empfiehlt, liegt drei Kilometer HINTER dem Kloster …
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Die Fußwege sind kürzer und schöner und steiler, aber die bringen Sie nicht schneller vorwärts, klar. Nehmen Sie auf jeden Fall genug zu trinken und Sonnenschutz mit. Sie finden keine Tavernen oder Läden unterwegs! Und auch keinen Schatten. Das Erzengel-Kloster selbst ist von außen etwa so schön wie ein Verbannungs-Knast. Im Prinzip ist es zu besichtigen. Im Prinzip …! Es gibt jedoch nur einen einzigen Bewohner, und der hat natürlich im Laufe des Tages was anderes zu tun, als Touristen das Haus zu zeigen. Meistens werden Sie also Pech haben.
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Wenn Sie reinwollen UND dazu noch Glück haben, geht es Ihnen wie Richi, der mit dem Taxi zum Kloster kam und auch prompt reingelassen wurde: http://www.kykladenfieber.de/. (Danke für den Link, Katharina! Nebenbei, Richi, ich mache in griechischen Kapellen die Kerzen, die ich angezündet habe, auch immer aus, bevor ich wieder gehe, wegen der Brandgefahr … 🙂 …)
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Einmal am Nachmittag (etwa 15 Uhr) fährt ein Bus am Kloster vorbei, der Sie nach Chora/Livadi zurückbringt. Erkundigen Sie sich auf jeden Fall vorher in Chora nach der Abfahrtzeit vom Kloster!
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Das Taxiarchis-Kloster
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WEITER MIT SEITE: Serifos 3 Das Erzgebirge

5 comments

  1. Was, du machst die Kerzen wieder aus? Ist ja gräßlich, wie die übereifrigen Kirchendiener oder Mönche, grrr… Wenn ich danach komme, ich mache sie wieder an 🙂

    Hab noch nie gehört dass eine Kapelle abgefackelt wäre nach meinem Besuch dort, ein Glück! Passe aber auch immer auf dass nichts passieren kann.

  2. Mir geht es auch weniger um die Kirchen selbst als um die Gegend um die Kirchen herum … 🙂 … ich weiß auch nicht, seit wann ich die Kerzen wieder ausmache. Früher habe ich sie auch immer angelassen. Theo

  3. Hallo Theo,
    danke für die Verlinkung zu “www.Kykladenfieber.de” Habe den Artikel über den Besuch im Taxiarchis-Kloster inzwischen ins “Archiv 2008” verschoben, wo er auch bleiben wird.

    p.s.: ich dachte, die Kerzen stecken immer im nichtbrennbaren Sand, Feuerschutzklasse B 1 😉
    Gruß
    Richi

  4. Hallo Richi, ich lasse den link in der alten Form stehen. Die Seite über das “Papamobil von Thirassia” gefällt mir eh besser!
    Theo
    PS. Das mit der Feuerschutzklasse lasse ich vom TÜV nachprüfen!

  5. Hallo Theo,
    auch das Papamobil hat sich aus dem Staub gemacht.
    Die Titelseite meiner Homepage wechselt nun mal ab und an, wie bei einer vernünftigen Zeitung.
    (Ist zwar ein blödes Konzept, aber man sollte nicht hinter den Vorhang schauen, da ist zur Zeit nur Chaos.) Dann lieber in das “Archiv 2008” gucken.

    Gruß
    Richi

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