Schweizer am Götterberg

Christos Kakalos Olymp
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Christos Kakalos, 1934 der offizielle Olymp-Führer. Er war schon bei der Erstbesteigung 1913 dabei (siehe unten). Er führte auch die Schweizer Ingenieure M. Kurz und H. Bickel, die 1921 die erste topographische Karte des Olymp erstellten. Kakalos geht nicht vor die Tür ohne sein Gewehr, aber die kostbaren Lederstiefel werden im Gebirge gegen autoreifenbesohlte Latschen ausgetauscht. William Matheson: „Kakalos rühmt sich, ein Abkömmling einer einst berüchtigten Räuberfamilie zu sein. Doch mit ihm ist absolut nichts zu befürchten, und ich würde jederzeit mit ihm alle Touren in Griechenland ausführen.“ Heute gibt es unterhalb der Olymp-Gipfel auch eine Christos-Kakalos-Hütte. (Foto: O. Allgäuer, Luzern)
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Im Mai 1934 reisen 16 Mitglieder des Schweizer Alpen Clubs (SAC, gegründet 1863, damals 30.000 Mitglieder) – auf Einladung der Hellenischen Bergsteiger-Vereinigung EOS (Ellenikon Orivatikon Syndesmon) in die griechischen Berge. (Die EOS wurde 1927 gegründet, von Akademikern, die in der Schweiz studiert hatten. Die Gründung wurde mit einer Besteigung des Olympgipfels Pantheon (Mytikas) mit 25 Personen gefeiert. 1936 hat die Vereinigung bereits 2000 Mitglieder.) Die EOS hatte bis 1934 bereits sieben Schutzhütten gebaut, für die achte sind die Schweizer als „Paten“ zur Grundsteinlegung eingeladen. „Helvetia“ soll das Haus heißen, es liegt etwas abseits von der Gipfelkette in einem noch völlig unerschlossenen Skigebiet. Alle Zitate im Text sind aus William Mathesons Buch „Auf den Götterbergen Griechenlands“ (1936). Die Fotos von Reiseteilnehmern stammen auch aus diesem Buch.
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Liakura Parnassos
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Parnass, der Liakura-Gipfel, 2457 Meter (Foto: K. Seidel, Zürich)
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Parnassos Ski Center
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Heutzutage kommt man auf einer kurvenreichen Straße recht bequem zum Parnassos-Ski-Center, nördöstlich des Liakura-Gipfels. (Foto: theopedia)
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Die Kondition, die die Mitglieder des Schweizer Alpen Clubs bei ihrer Griechenland-Bergreise bewiesen haben, die hätte ich nicht gehabt. Vielleicht auch nicht in jugendlicheren Zeiten …
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EOS Refuge Parnassos
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Pause an der EOS-Hütte am Parnass (1900 Meter Höhe)
(Foto W. Matheson, Olten)

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Mal ein Beispiel für den selbstauferlegten Streß. Zwar geht es am Olymp erst richtig zur Sache, aber es ist schon zu Beginn der Reise heftig:
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1. Tag: Nachmittags mit dem Zug ab Mailand, Direktwagen nach Brindisi.
2. Tag: Ankunft 8 Uhr in Brindisi, die Fähre verschiebt ihre Abfahrt  von 11 Uhr auf 17 Uhr. In Brindisi ist wenig zu sehen und außer Campari und Kaffee nichts genießbar.
3. Tag: Ankunft 8 Uhr morgens in Korfu, vier Stunden über die Insel mit Pferd und Wagen, Ankunft um 22 Uhr in Patras, kleine offizielle Begrüßungs-Feier bis 23 Uhr, weiter bis Itea (Ankunft 2 Uhr), mit dem Bus zum Hotel Apollon Delphi (Ankunft 3 Uhr).
4. Tag: Schlaf gibt es keinen, es wird im Hotel sofort die Ausrüstung herausgeholt und gefrühstückt. Bei Sonnenaufgang (5 Uhr) mit dem Bus über Feldwege nach Arachova (960 m). Von da aus durch wegloses Gelände zu Fuß zur Höhe des Parnass (Liakura-Gipfel, 2457 m) und zurück. (Deutsch-Schweizer und französische Schweizer geraten in Streit, Nikolos, der griechische Führer, hat unterwegs keine Lust mehr und wartet irgendwo auf die Rückkehr der kleinen Gruppe, die es tatsächlich zum Gipfel schafft.) Um 20 Uhr ist man nach zwölfstündiger Fußwanderung wieder in Arachova, ist fertig mit der Welt von der Anstrengung, trinkt die Limonade-Vorräte der Tavernen leer, und fährt im Bus zurück nach Delphi (22 Uhr).
5. Tag: Ausschlafen ist nicht drin, denn vor der Weiterfahrt Richtung Lithochoro am Olymp soll ja in aller Frühe noch die Ausgrabungsstätte von Delphi besichtigt werden …
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Dodwell Parnassus
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Mal das ganze Gebirgsmassiv – Edward Dodwell: Mount Parnassus, 1821 (Ausschnitt)
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So weit, so gut. Es geht mit dem Auto über Amfissa und die Paßstraße von Amblema bis zum Kleinbahnhof Vralo (Brálos) an der Bahnstrecke Athen-Larissa. Im 3.-Klasse-Wagen geht es nach Larissa, wo man um 16 Uhr ankommt, im „Palace-Hotel“ untergebracht wird, und zum Empfang beim Bürgermeister muß. Am nächsten Morgen um 4 Uhr geht es weiter mit dem Zug, zwei Stunden später ist man in Lithochoro. (Matheson amüsiert sich über die militärische Bewachung der Brücken auf der Bahnstrecke.) Inzwischen sind die griechischen Bergsteiger eingetroffen, man teilt sich einen Kurswagen am Orient-Express, der in Lithochoro abgehängt wird. Der letzte Wagen des weiterfahrenden Orient-Express ist ein Mitropa-Schlafwagen mit Ziel Berlin. Matheson bedauert dessen Verschwinden: „(Damit) war für uns das letzte Zeugnis europäischer Zivilisation für einige Tage hinter uns.“
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Ab Lithochoro geht es für die inzwischen 50 Touristen, „darunter 5 Damen“, Führer Kakalos mit Sohn und einem Dutzend Maultiertreibern mit 19 Tieren hinauf zur EOS-Hütte. Die bietet zwar nur 30 Schlafplätze, aber man ist ja nicht verwöhnt …
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Schon die Fahrt nach Lithochoro in zwei vollgestopften  „Car-Olymp de grande Luxe“ Autos (vier Fahrgäste allein auf der Fahrerbank, drei neben dem Fahrer, einer sitzt auf dessen Knien …) ist eine Strapaze. Die Autos stammen „aus vorhomerischer Zeit“, staunt Matheson, der seit 20 Jahren im Automobilgeschäft arbeitet, aber die Fahrer seien „wahre Meister des Volants“!
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Lithochoro
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Verhandlungen in Lithochoro (Foto O. Allgäuer, Luzern)
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In Lithochoro ist trotz Absprache nichts vorbereitet, eine stundenlange Diskussion entbrennt um das Maultier-Mieten, aber der Kaffee ist gut und die Gegend malerisch … und das Maultier kostet pro Tag 150 Drachmen, also 4,50 Schweizer Franken. Das ist für Matheson ein „bescheidener Betrag“. (In der Schweiz kostete damals ein Zimmer in einem erstklassigen Hotel 8 bis 10 Franken, und ein Bergführer etwa 20 Franken; laut Baedeker „Schweiz“ von 1930.)
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Noch gibt es die unteren Olymp-Hütten nicht (heute: Stavros und Prionia). Es muß das Kloster Hagios Dionysios angesteuert werden für eine Pause, links ab geht es vom Hauptweg auf der Nordseite des Tals. Das Kloster wurde damals noch von vier Mönchen bewirtschaftet (im Jahre 1943 zerstörte es die Deutsche Wehrmacht). Der greise Igomenos (Abt) des Klosters steigt später hinauf in die Berge, um die Grundsteinlegung der „Helvetia“-Hütte abzusegnen.
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Enipeas-Tal
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Aufstieg im „Mavrolongo“-Tal (Enipeas-Tal), vorbei an der Prionia-Quelle. Heute eine Autostraße. (Foto: F. Gugler, Baden)
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EOS Refuge Olymp
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Die EOS-Olymp-Hütte, auf 2100 Metern Höhe (Foto: K. Seidel, Zürich)
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Es wird ein bißchen eng in der verräucherten Hütte. Wer draußen in der Kälte schläft, bereut es, wenn er sich mit Schaf-Fellen aus dem Vorrat der Maultier-Treiber zugedeckt hat. So ein Schaf-Fell ist nämlich voller Leben. Matheson: „… als er uns am folgenden Morgen seinen Körper, Arme und Beine zeigte, glaubten wir, er habe die Masern bekommen.“
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Acht Griechen und zehn Schweizer bilden eine Gruppe, die sich alle fünf Olymp-Gipfel vornehmen will, der Rest beschränkt sich auf die Besteigung des Pantheon (Mytikas). Nach dreieinhalb Stunden Wanderung durch wegloses Gelände hat die kleine Gruppe die Skala (2866 Meter) erreicht.
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Skala Gipfel Olymp
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Skala-Gipfel  (Foto: W. Matheson, Olten)
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Nach einer einstündigen Gipfelrast geht es hinauf zum Pantheon (Mytikas, 2918 Meter). Die Kletterei sei „leicht“, aber der Weg ist geröllig, und die Gefahr durch Steinschlag ist groß. Die jungen Griechen, die dem Führer Kakalos folgen, der „wie eine Gemse“ steigt, sind unvorsichtig und bringen ständig Steine ins Rollen. Matheson: „ Sobald wir alle auf der Spitze versammelt waren, glich unser Aufenthalt einem bescheidenen Clubfest. Ansprachen wurden gehalten, die griechische und schweizerische Nationalhymne gesungen und mein bescheidenes Schweizerfähnchen, das schon auf so manchem Hochgipfel geweht hatte, flatterte über der Gesellschaft.“ Da man glücklicherweise einen wolkenfreien Tag erwischt hat, bleibt man gleich zwei Stunden auf dem Gipfel.
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Pantheon Mytikas Olymp
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Pantheon (Mytikas), der Gipfel (Foto: W. Matheson, Olten)
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Weiter geht es zum „Thron des Zeus“ (Stefanos, 2910 Meter). Die Griechen glauben einen besseren Weg zu kennen als die Schweizer, kommen jedoch später am Gipfel an. Sie haben die Schweizer durch Geröll-Lawinen gefährdet, und jetzt sieht Matheson „voller Schadenfreude“, wie Kakalos den Griechen aus ihrer Not helfen muß. Mit dem Kolben seines Gewehrs schlägt er Stufen in die vereiste und kurz vernebelte Strecke.
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Matheson ist wegen der „göttlichen Stille in dieser wahrhaftigen Weltabgeschiedenheit“ auf dem dritten Gipfel froh, daß jetzt nur noch seine kleine Gruppe unterwegs ist. Aber er sorgt sich um die alpine Ausstattung der Griechen: „Ihre Kleidung und Ausstattung ist meist noch nicht alpin, und daß mehrere den ganzen Tag mit völlig entblößtem Oberkörper zubrachten, bei dieser Sonne, sei (…) angeführt. Auch Kakalos ist noch kein Führer von alpinem Begriffe, und er führt nicht einmal ein Seil mit sich.“ Zwei Griechen aus Athen demonstrieren ihre Ski-Technik auf dem Berg. Matheson findet ihre Vorführung „zum Tränenlachen“.
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Thron des Zeus
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Der Thron des Zeus (Stefanos, 2910 m) (Foto: K. Seidel, Zürich)
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Man ist zu erschöpft, um dem Vorschlag des Christos Kakalos zu folgen, jetzt auch noch den „Hagios Ilias“ (Profitis Ilias, 2787, bzw. 2803 Meter) zu besteigen. Leider klappt das auch am folgenden Tag nicht mehr, so daß nur vier statt fünf Gipfel abgehakt werden können. Am Abend wird an der Hütte „unter einer Riesentanne ein mächtiges Lagerfeuer angezündet“, es wird gegessen und gesungen, und Matheson fühlt sich ins „wilde Kurdistan Karl Mays“ versetzt.
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Und er fragt sich sorgenvoll: „Wie viele Jahre wird es dauern, bis auch hier, wie einst in den Alpen, das Biwakfeuer verschwindet und Schieber von befrackten Kellnern im prunkvollen Speisesaal bedient werden?“ Noch vor zwanzig Jahren war hier ja noch von Klephten gefährdetes Grenzgebiet (siehe unten).
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Skolion Olymp
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Der Skolion-Gipfel, mit Steinmann (Foto: R. Haller, Zofingen)
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Der nächste Tag wird wirklich stressig! Es soll ja der Skolion-Gipfel (2911 m) erreicht werden, und darauf soll der Abstieg zu der Grundsteinlegung der Helvetia-Hütte (1900 m) folgen, und am Abend will man schon aus dem Olymp-Gebiet heraus sein: Abstieg nach Süden über das Dorf Sparmos, und von da aus weiter im Auto, 60 Kilometer nach Larissa!
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Grundsteinlegung Olymp
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Grundsteinlegung für die Helvetia-Hütte (Foto: A Graber, Zürich)
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Die Schweizer überreichen dem EOS-Vorsitzenden eine Spende von 10.000 Drachmen und legen ihr Clubzeichen in den Grundstein. Drei Schafe drehen sich auf dem Grillspieß. Matheson wehrt sich vehement gegen den Innereien-Genuß (Kokoretsi), lehnt auch den „ungenießbaren“ Retsina ab. Erst am späten Nachmittag ist die Feier zu Ende, und man muß sich beeilen, um noch im Hellen zum Dorf Sparmos hinunter zu kommen. Der Abstieg sei zwar eher ein „Spaziergang“, aber man bekommt noch ordentlich Ärger mit den Hirtenhunden, die mit ihren Herden jetzt im unteren Olymp-Gebiet unterwegs sind. Und der Boden ist teilweise so hart, „daß selbst unsere schwergenagelten Bergschuhe keinen Halt mehr hatten“.
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Unterhalb von Sparmos warten die Autos im weglosen Gelände, doch die meisten haben inzwischen genug von der gefährlichen Schaukelei und gehen lieber zu Fuß. Die Autos sind auch nicht schneller. Im Dorf gibt es weder Limonade, noch Mineralwasser, Kaffee oder Wein. Man trinkt Ouzo mit Zisternenwasser. „Der guten Vorsicht halber“ ist der Ouzoanteil im Glas weit größer als der Wasseranteil …
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Hirte Parnassos Olymp
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Berghirten unterwegs (Foto A. Graber, Zürich)
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Noch sind es 60 Kilometer bis Larissa, und man hat für 21:30 Uhr das Abendessen im Hotel bestellt. Aber schon die ouzogetränkte „Querfeldeinfahrt“ bis Elassona zieht sich hin. In Elassona trinkt man auf der Platia die Kneipe leer, und die Kellner müssen los, Nachschub holen. Matheson: „Als sie dann gar mit Bier anrückten, ging das Huronengeheul von neuem los!“ Und die Getränke und eine Portion Lammkoteletts dazu kostet nur einen Schweizer Franken pro Person. So langt mancher beim Essen gleich zweimal zu! Erst um 22 Uhr besteigt man wieder die Autos. Noch 40 Kilometer, aber „in Griechenland gibt es keine guten Autostraßen, und wird es auch noch lange Zeit keine geben“ (Matheson). Die unbefestigten Straßen sind noch vom Winterregen ausgewaschen. Um 2 Uhr nachts erreicht man das Hotel in Larissa, mit vierstündiger Verspätung.
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Die Griechen müssen sofort zum Bahnhof, um den Nachtzug nach Athen zu erreichen, aber die Schweizer sind noch aufgekratzt genug, um sich in das Nachtleben zu stürzen. Matheson: „In einem lärmenden Nachtlokal mit schon ganz orientalisch anmutendem Nachtleben aßen wir ‚Schafis‘ vom Grill und tranken eine Flasche nach der anderen.” Es gibt noch roten „süßen Schnaps“ dazu, den man aber „nur mit Gewalt hinunterstoßen kann“. 22 Stunden war man unterwegs, als man im Hotel ins Bett fällt. Aber es gibt nur vier Stunden Schlaf, am nächsten Morgen geht es per Auto weiter durch die thessalische Ebene Richtung Meteora, storchumflogen, hundeumbellt, und von der griechischen Jugend bestaunt …
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griechische Jugend
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(Foto: A. Graber, Zürich)
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Und heute? Es gibt im Frühjahr 2015 eine Pauschalreise zum Mount Everest. Führt der Deutsche Alpenverein durch, die Tour dauert zwei Monate, kostet pro rote Nase 38.000 Euro. (Aus: Die Zeit 09.01.2014). Wie günstig. Wenn ein griechischer Mindestlohn-Empfänger jeden Monat die Hälfte seiner Bezüge zurücklegt, kann er sich nach 15 Jahren die Fahrt schon leisten! Wer will da noch auf die griechischen Götterberge?
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Matheson GötterbergeAuf den Götterbergen
Griechenlands

Griechenlandfahrt des S.A.C.
William Matheson
Schwabe/Basel 1936

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Widmung Matheson
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WEITER MIT  ERSTBESTEIGUNG DES OLYMP, 1913
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WEITER MIT  OLYMP, ENIPEAS-TAL
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WEITER MIT  DIE KLEPHTEN, 1911
(Entführung des Ingenieurs Edwart Richter)
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WEITER MIT  MIT 4 PFERDEN NACH HELLAS, 1936
(Drei Schweizer Offiziere reiten in 6 Monaten hin und zurück.)
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7 comments

  1. Noch was halbwegs Neues zum Olymp:
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/griechenlands-heikle-tourismusplaene-fuer-den-olymp-a-842429.html

    Und noch ein Rückblick: Daß die Griechen 7 Jahre nach Vereins-Gründung des EOS schon 2000 Mitglieder hatten, ist doch beachtlich. Der Schweizer Alpen Club hatte 10 Jahre nach seiner Gründung (im Jahr 1863) erst 1800 Mitglieder (Zahl aus Meyers Reisebücher “Schweiz”, 1875). Aber zu der Zeit war das Bergsteigen ja noch ganz exotisch. 1908 waren es 8239 Mitglieder (aus “Der Hochtourist”, F. Niedermayr, Hartleben/Wien 1908).

    Erstaunlich ist auch, daß 10 Frauen bei der ersten griechischen Gruppen-Besteigung des EOS auf dem Olymp waren (25 Personen nahmen teil, 1927). Der Schweizer SAC hatte 1907 eine Frauen-Mitgliedschaft sogar ausgeschlossen. Frauen durften auch keine Bergführer(innen) werden.

    Aber das nützte langfristig nichts. Wie F. Niedermayr 1908 schon sagte: “Dieser Alpinismus ist ein wahrer Dämon, wen er erst einmal hat, den läßt er nimmer los.” Und in seinem Buch zeigt Niedermayr das Foto einer Frau, die soeben die Oberbacherspitze in den Sextener Dolomiten bestiegen hat und auf dem Gipfel triumphierend lächelnd den linken Arm hebt.

    1918 wurde daher der Schweizerische Frauen-Alpen-Club (SFAC) gegründet. 1957 hatte der SFAC etwa 3800 Mitgliederinnen (aus “Illustriertes Reisehandbuch Schweiz, Verbandsdruckerei Bern, 1957).

    Naja, in der Schweiz gilt ja auch das Frauenwahlrecht (auf Bundesebene) erst seit 1971. Und 1979 fusionierten der SAC und der SFAC.

  2. Noch ein Nachtrag: Ich war ja nie so der „Hochtourist“. Ich glaube, ich war nie näher an der Sonne als auf der Marmolata in den Dolomiten (Punta Rocca, 3265 Meter), aber mit der Seilbahn … 🙂 …

    Ich habe mich immer über die Energieleistungen beim Wandern gewundert bei anderen Leuten (Alfons Hochhauser, Pilion), und so manches mal an Substanzen gedacht, die solche Hochleistungen fördern könnten …
    OK, in 25 Tagen knapp 800 km Mittelgebirgswege in Schleifen von Aachen bis kurz vor Freiburg, das habe ich vor langer Zeit auch mal durchgestanden, bis mein linkes Knie sich weigerte, weiter mitzuspielen.

    Jetzt bin ich durch den Text über die „Götterberge“ immer noch in alten Reisebüchern unterwegs. Fördernde Substanzen für Bergsteiger – da findet man in Meyers Reisebüchern (Schweiz, 1875) folgendes:
    „Als stärkendes Getränk pflegt man Rothweine, namentlich Veltliner, anzuempfehlen …“ (allerdings nicht tagsüber, denn Rotwein stillt den Durst nicht). Also, was macht man unterwegs? Das hier: „Lieber nehme man einen Schluck kräftigen weissen Weins oder einige Tropfen Kirschwasser auf Zucker.“

    Und was empfiehlt „Rundreisen in der Schweiz“ (Bruckmann, München 1899)? Ja, den Veltliner zum Tagesabschluß nach der Tour natürlich auch, und tagsüber:
    „In neuerer Zeit wird bei anstrengenden Bergtouren ‚Coca‘ (Aufguß) als vortreffliches Mittel zur Hebung der physischen Leistungsfähigkeit von Autoritäten angepriesen. Für die Rast auf einer erkletterten Bergspitze führe man eine Flasche Champagner mit, sobald sie sowohl dem Tornister als dem Geldbeutel nicht zu schwer fällt. Nichts wirkt da oben so belebend wie ein Schaumwein.“

    Aus getrockneten Cocablättern (Erythroxylum coca) wird (seit 1859) Kokain isoliert, sie fallen heute unter das Internationale Betäubungsmittelabkommen. Sie sind angeblich gut gegen Hunger, Kälte und Müdigkeit und sogar gegen die Höhenkrankheit. Das mit dem Koks–Schampus-Doping war nicht als Scherz gemeint …

  3. jassou Theo, wie immer ein sehr guter recherchierter und interessanter Artikel. Habe mit großem Interesse deinen Bericht gelesen, und mußte einige Male lachen. Was für eine unglaubliche Reise und Besteigung.
    Wusste gar nicht das die Schweizer so ein trinkfestes Völkchen sind.
    Der letzte Absatz mit der Pauschalreise zum Mount Everest (Kosten, griechischer Mindestlohn-Empfänger) machen ein sehr nachdenklich.

    schöne Grüße aus Hamburg, kokkinos vrachos

  4. Nun ist der Mount Everest zwar ziemlich hoch, aber … wenn man ja mal RICHTIG in die Höhe gehen will beim Verreisen … ich zitiere wikipedia:

    “Die Firma Virgin Galactic des britischen Unternehmers Richard Branson wurde eigens zum Zwecke des Weltraumtourismus gegründet. Nach eigenen Angaben kann das Unternehmen bereits 7000 Interessenten für einen Flug zum Preis von rund 200.000 US-Dollar und mehr als 500 Buchungen vorweisen. Branson kündigte an, ab 2008 auf Basis der Technologie des SpaceShipOne Linienflüge ins Weltall anzubieten und durchzuführen, doch liegen seine Bemühungen bereits Jahre im Rückstand. Nach aktueller Planung sollen die ersten suborbitalen Touristen-Raumflüge frühestens 2015 durchgeführt werden.”

    Und noch was aus der WAZ, vom 21.01.2014: “Die 85 reichsten Menschen der Welt haben das gleiche Vermögen wie die arme Hälfte der Weltbevölkerung, so die britische Hilfsorganisation Oxfam.”

  5. Irgendwie läßt mich der Schweizer Alpen Club noch nicht los. Im Reiseführer “Die Schweiz” von H.A. Berlepsch von 1875 (C. Schmidt Verlag, Zürich) finde ich seine frühen Aktivitäten dokumentiert. Beispiel:
    “Der Schweizer Alpen-Club strebt eine allgemeine Ordnung für das Führerwesen der ganzen Schweiz an.”
    Damals herrschte, was die Bedingungen für Touren mit Bergführer-Führung anging, noch einiges an Anarchie: Preise, Arbeitsbedingungen, Hotelangestellte, die Bergführerkenntnisse vortäuschen usw.

    Ach so, was die “Gasthöfe” angeht, damals gab es häufig ein dreistufiges Preissystem in den Hotels. “… verschiedene Preisansätze, nämlich höchste für Engländer und Amerikaner, etwas mässigere für deutsche Reisende, und noch geringere für Schweizerleute.”
    So so …
    Und die Hotelbesitzer sollten endlich aufhören, ihr Personal zum Trinkgeld-Kassieren anzuhalten: “… andererseits wäre aber auch zu wünschen, dass die Reisenden von sich aus minder splendid mit ihren Gaben verfahren möchten.”

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