Kea, Korissia: Einmal um die Bucht

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Hafen von Korissia. Die Makedon wartet auf die Fahrgäste nach Lavrio.

Quelle: Anavasi Topo Islands, Kea 1:20.000

Mein erster Eindruck, nach Verlassen der Fähre: Der Hafen von Korissia besteht nur aus einer ununterbrochenen Reihe von Cafés und Tavernen. Denen gegenüber eine lange Reihe geparkter Mietjachten (Ende September, Anfang Oktober ist Hochsaison für die Verleiher, mäßiger Wind, Wassertemperatur hoch, trockene sonnige Tage). Aber da ist natürlich mehr.

Korissia, Hafenzeile: Unten die Taverne Lagoudera, oben vor der Kirche und dem Friedhof das To Steki To Stroggili

Viele private Boote finden Sie gewöhnlich in Vourkari. Hier ist der altbekannte windgeschützte Liegeplatz, besonders für Durchreisende ohne Eile. Vourkari ist viel kleiner als Korissia, das Kai ist jedoch ziemlich lang. Es gibt weniger Lokale, dort aber viel mehr Betrieb. Im Sonntagsgewusel gab es keinen freien Meter mehr am Kai und keinen freien Stuhl mehr in den Cafés. (Wer eine Jacht leiht, will sie wohl immer im Blick haben, auch beim Aufenthalt in der Hafen-Taverne …)

Vourkari

Der Königlich Sächsische Berg-Commissär Dr. Karl Gustav Fiedler landete 1835 auf der Insel (Seite 87-94, „Reise durch alle Theile des Königreichs Griechenland 1834-1837“, zweiter Teil, 1841, Fleischer-Verlag Leipzig).
„Wir landeten, nachdem die sämmtlichen Kykladen untersucht waren, in der Mitte des Decembers 1835 an der Nordwestseite der Insel im Hafen Wourkári, hier zieht sich nordöstlich eine Bucht hinauf, in welcher die Schiffe sicher liegen, an dieser Bucht stehen nur zwei kleine Häuser und ein sogenanntes Magazin, in welchem aber fast nichts zu bekommen ist. Von dieser Bucht erstreckt sich der Hafen weiter westlich und südwestlich in die Insel, aber da ist bei Nordsturm kein Schiff sicher, nicht auf den Strand geworfen zu werden. Diess war sonst der Hafen der alten Stadt Julis.“

Der Heliport bei Ghialiskari

Wer was auf sich hält, kommt natürlich nicht auf dem geliehenen Boot. Hier landen bestimmt auch die Drohnen-Taxis der Zukunft … 🙂
Und bei dem chronischen Ärztemangel auf Kea nutzt man den Heliport auch in die umgekehrte Richtung.

Aber Ghialiskari (gute Badegelegenheit, Schatten und Strandcafé) und Vourkari sollten nur Durchgangsstationen sein für den weiteren Spaziergang (der meist auf der Straße stattfindet).
Am Ende des betonierten Kais von Vourkari beginnt ein längerer Sandstrand. Hier liegt die Taverne Ennea Korres, mit einem schönen Fernblick auf das Dorf:


„…a little further Enea Korres is considered the best place in Vourkari for fresh fish. It may be the best on the island.“  schreibt Matt Barrett.

Der Platz war schon in der Vorgeschichte ein bevorzugter Siedlungspunkt. Ein paar Schritte entfernt vom Ennea Korres finden Sie auf einer Landausbuchtung die Ausgrabungsstätte von  „Agia Irini“. Sie hat ihren Namen von der Kapelle, die oben auf dem Hügel thront.


Ausgrabungsstätte Agia Irini


Wenn Sie sich nicht vorher über diesen antiken Ort informiert haben, zum Beispiel im Archäologischen Museum in Ioulida, lohnen sich die 3 Euro Eintritt eher nicht. Hier gibt es nämlich nicht die geringste Information für Sie. Sie wandern ratlos durch ausgebuddelte Fundamente und Mäuerchen und haben nicht die geringste Vorstellung von Raum, Zweck oder Zeit der Anlage.

Als ich die Anlage besuchte, wurde sie nur von einem offenbar zu Tode gelangweilten Mädel bewacht, das auch keinen Cent Wechselgeld zur Verfügung hatte, mir aber ausdrücklich nahelegte, daß ich nur rein dürfte, wenn ich eine Maske trage. (Ich hatte eine dabei.) Aber wieso? Ich war der einzige Besucher …

Aber es geht noch weiter. Bei Koka finden man noch spärliche Reste von alten Industrie- und Hafenanlagen, dann geht es auf die schmale Halbinsel, an deren Ende das Leuchtfeuer an der Agios Nikolaos Kapelle in die Nacht blinkt. Es war jedoch mittags, um die 30°C heiß, und der Fußweg war absolut schattenlos, also habe ich auf das Erreichen des Ziels verzichtet. Der Weg führt nach links, etwa ab der Stelle, wo die betonierte Straße zu den Rohbauten auf dem Hügel beginnt:


In der Nähe ist auch eine Gedenktafel für weitere früher gescheiterte Seehelden angebracht.

Anfang Oktober 2020 verkehrten die Makedon, die Marmari Express und die Artemis teils mehrfach täglich vom/zum Festland. Früher war dieser Aufwand überflüssig – laut Baedeker „Griechenland“ von 1904 reichte es schon so:
Nach Kea gab es eine einzige Fährverbindung pro Woche. Samstags um 22:00 ging es los ab Piräus, dann über Lavrio, Kea, Kithnos nach Syros, und auf dem gleichen Weg zurück.

Auch auf dem alten Foto (fotografiert vor 1939, Quelle: Melissa Verlag „Griechische Traditionelle Architektur: Kea“, 1983) liegt kein einziges größeres Schiff am Kai. Die Maultierführer scheinen aber in Erwartung von größeren Aufträgen zu sein:


Katharina mußte schon am Samstagabend zurück aufs Festland. Kaum jemand war mit ihr unterwegs. Das war am Sonntagabend schon ganz anders. Das Schiff war unglaublich voll mit Wochenend-Gästen, kein „gesperrter“ Sitzplatz kann am Ende mehr frei gewesen sein!
Jeder Mitarbeiter eines Gesundheitsamtes hätte einen Herzinfarkt gekriegt, wenn er die unendlich lange Schlange der wartenden Passagiere und Pkws gesehen hätte.


Ich konnte mir das „boarding“ in Ruhe aus gebotenem Abstand anschauen.
Und Ouzo desinfiziert ja auch … 😉

Montagmorgen, 11 Uhr, war auch für mich die Zeit zum Verlassen der Insel. Um halb zehn kommt unsere Vermieterin an aus Athen. In einem 23 Jahre alten Daihatsu-Kleinwagen. Darin u.a. sie selbst und ihre Freundin, zwei kleine Hunde in Boxen, zwei Reisetaschen, vier große Säcke Katzen-Trockenfutter, und unzählige zerlegte Katzentransportkörbe. Chryssa muß erst die Futtersäcke wegräumen, bevor sie mich und mein Gepäck einladen kann.


Dabei – sie ist gar nicht meinetwegen gekommen, sie will mit ihrer Freundin und anderen Frauen eine Woche lang streunende Katzen einfangen, um sie sterilisieren zu lassen. (Nach dem Sterilisieren müssen die Katzen einige Zeit im Katzenkorb bleiben. Nicht nur, weil sie nur langsam aus der Narkose aufwachen. In Freiheit wäre die Gefahr einer Infektion der Operationswunde zu groß.)
Das Katzenfutter soll die Tiere anlocken, aber ihnen später auch helfen, über den Winter zu kommen.
Hm, Chryssa ist in Athen Lehrerin an einer Oberstufe, woher nimmt sie jetzt die Zeit …?
Egal.
Ich bin für 2020 der letzte Gast im grünen Haus. Bis zum Frühsommer wird nicht mehr vermietet. Im Winter kommen nur sie und ihr Mann und ihre beiden erwachsenen Söhne mit ihren Freundinnen. Wenn es draußen regnet, dann gemütlich zusammen am warmen Kamin sitzen, das sei schöner als Sommerhitze und Strand.

Ich ziehe mein Portemonnaie aus der Tasche – ich muß doch noch für die beiden Extratage bezahlen! Chryssa winkt ab. Sie will kein Geld von mir, aber wenn ich was für die Katzen von Kea übrig hätte, dann würde sie sich freuen.
Ich gebe ihr 100 Euro, für die Katzen. Sie lehnt entsetzt ab. Das sei doch viel zu viel! Dann nimmt sie es doch und gibt das Geld weiter an ihre Freundin. Die verwaltet die Finanzen der Katzen-Initiative.

Nach deutschen Verhältnissen ist das viel zu wenig. Zu Hause erfahre ich: Im Essener Tierheim kostet das Sterilisieren einer Katze 120 Euro! Einen Kater kastrieren ist viel billiger, 60 Euro.

So. Wenn ich in nächster Zeit mal wieder auf die Insel komme, und mich eine schlecht gelaunte verhinderte Katzenmutter schief anguckt, weiß ich wenigstens warum.
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