02 Die Zagoria Dörfer

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Mikro Papigo und Astraka

Räumlich läßt sich die Zagoria leicht begrenzen: Der Straße von Metsovo nach Ioannina folgen, die Straße von Ioannina nach Konitsa rauf, und von da aus dem Aoos-Fluß folgen, fertig. Was dazwischen liegt (45 mehr oder weniger kleine Dörfer), das ist die Zagoria. (“zagori” stammt aus dem Slawischen und bedeutet “der Platz hinter den Bergen”.)
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Das bergige und eher schwierig zugängige Gebiet bot sich früher an als Rückzugsgebiet für Leute, denen es im byzantinischen oder osmanischen Herrschaftsraum irgendwie “zu heiß” geworden war. Und das waren in der Regel nicht Kleinkriminelle oder Straßenräuber, sondern eher “politische Dissidenten”.
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Das Schicksal der Zagoria war also alsbald nicht mehr von kräuterteekochenden Ziegenhirten bestimmt, sondern von Lehrern, Händlern, Beamten, Wissenschaftlern und Leuten mit Grundbesitz … Leuten, die alle mal politisch (oder handels/steuerpolitisch …) auf das falsche Pferd gesetzt hatten und für die es besser wurde, mal aus der Öffentlichkeit zu verschwinden …
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Vlachische Hirten, um 1930
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In der bewaldeten Bergen der Zagoria trafen sie auf nomadisch umherziehende Hirten (Vlachen und Sarakatsani), mit denen sich gut kooperieren ließ. Und dazwischen entwickelte sich eine Handwerksklasse mit beachtlichen Fähigkeiten, Baumeister oder Silberschmiede (Die Familie Bulgari stammt aus Kalarites.) Und da niemand seine Kinder in den stillen Bergen “verdummen” lassen wollte, ging gewöhnlich die nächste Generation wieder zurück in die Welt draußen, nach Konstantinopel, nach Ägypten, Rumänien … und oft kam sie auch nicht mehr zurück.
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So entwickelten sich im östlichen Mittelmeer-Raum ein dünnes, aber stabiles Netzwerk. Und daraus bildete sich eine ganz spezielle Servicetätigkeit der Leute aus Zagoria: Verkehr und Spedition. Alles, was über das Meer transportiert werden mußte, war venezianischem, osmanischem oder Piratenzugriff ausgesetzt … aber da gab es ja noch die diskreten Zagoria-Karawanenzüge!
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Kommunikation galt also viel. Daher auch die alten ungewöhnlich gepflegten Verkehrswege und Brücken im Land, die man heute noch findet (siehe Seite: Zagoria Brücken) …
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Die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts war dann eher ein größerer Schaden für die gewachsenen Strukturen. Die Verkehrsströme verlagerten sich woandershin. Die Zagoria lag plötzlich am Rande des Geschehens.
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Es wurde nur noch schlimmer. 1917 verbrannten türkische Truppen die Dörfer, und die Deutschen holten das gleiche 1940 dann nochmal nach. Im griechischen Bürgerkrieg nach dem II. Weltkrieg leerten sich die Dörfer dann völlig.
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Heute sind die ehemals einflußreichen Familien und Clans nicht mehr in der Gegend ansässig, man spürt nur noch durch die Aktivitäten vermögender Stiftungen etwas vom historischen Hintergrund. Ein großer Teil der Zagoria gehört übrigens zum Vikos-Aoos-Nationalpark.
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Die Struktur der Häuser und Dörfer ist grob so zu beschreiben: Die Dörfer sind abgelegen, aber nie weit von einer Verkehrsstrecke, klein (aber nicht zu klein) und geschlossen gebaut, und in guter Befestigungslage in Hügelhanglagen mit Wasserversorgung angelegt.
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Die Häuser sind prinzipiell aus sichtbarem Stein erichtet (Wand wie Dach). Türen, Fenster, Böden, Innentreppen und Stabilisatoren im Mauerwerk sind aus lokalem Eichenholz. Hölzerne Einbau-Betten und -Schränke findet man auch. Außenmauern aus Holz in den oberen Etagen sind eher untypisch. So schmucklos, wie die Häuser von außen aussehen, sind sie innen jedoch nicht. So mancher Wohnraum hatte mehr Wandbemalung als die Dorfkapelle nebenan …
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Oft ist die Anlage der Häuser raffiniert an den welligen Grund angepaßt (z.B. das “Siebenquellenhaus” in Koukouli, von 1771):
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1771 von Manthos Dimotsios in Koukouli gebaut
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Es gibt noch eine Menge raffinierter Details … hier zum Beispiel (Dilofo) die zagoriaübliche Art, Straßen zu bauen. Im Kanal in der Mitte fließt das Abwasser, und in der Mitte gehen auch die Transporttiere. Das Wasser im Kanal schafft dann gleich deren unangenehmen Verdauungs-Nachlaß weg …
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Kanalisierte Gasse in Dilofo
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Oder dieses Haus in Vitsa, das den vorhandenen Grund optimal füllt. Die abgeflachten Ecken lassen Platz für ein beladenes Maultier auf dem Weg:
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Wer mehr wissen will:
Für die an architektonischen Details Interessierten bleibt noch der Band “Zagori” des Melissa-Verlages!

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3 comments

  1. Bitte informieren Sie mich wo der Band “Zagori” des Melissa-Verlages gekauft/bestellt werden kann.

    Vielen Dank
    A. Lommen
    Niederlande

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