Makedonien – Kavala

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Kavala, die Altstadt Panagia am Fährhafen

“Draußen aber steckt alles noch im alttürkischen Schmutz der Straßen, der Häuser, der Seelen. Als wir zur Oberstadt uns in den engen holperigen und übelriechenden Gassen emporarbeiteten, begegneten uns träge schlurrend in niedergetretenen Pantoffeln einige Frauen, so plump und verschleiert, daß man gleich merkte, daß in einige Harems von Cavalla noch kein Strählchen fränkischer Aufklärung eingeblitzt war*. (…) Dieses Cavalla soll noch ein ächtes Brutnest von alttürkischem Fanatismus sein.”

Aus “Griechische Küstenfahrten”, Dr. Franz von Löher, Velhagen & Klasing Bielefeld/Leipzig 1876

*  = Kavala und Makedonien gehört erst seit 1912 zu Griechenland

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Viele Griechen in Kavala sind der Meinung, Istambul liege immer noch im falschen Land …

Franz von Löher ärgert sich auch über die vom ägyptischen Vizekönig Muhammed Ali eingerichtete Koranschule und Speiseanstalt, das Imaret, das die “notleidende Bevölkerung” von Kavala mit Mahlzeiten und 100 Studenten mit Weisheit versorgte. Das würde die Trägheit der Bevölkerung so fördern, daß man in der Stadt nicht mal einen Fisch zum Braten kriegen könnte, es sei denn, man fänge selbst einen …

Das Imaret existiert noch heute, es wurde 2004 restauriert und zu einem Luxushotel umgewidmet. (Nebenbei: In der schmalen Straße vor dem Imaret findet sich eine kleine Reihe von Tavernen und Cafes, ich fand “O Kanados” ganz nett … 6 wirklich ausgezeichnete Lammkoteletts = 6 Euro.)

Kavala ist in Nordeuropa in erster Linie darum bekannt, weil es dem Flughafen von Thassos den Namen leiht … allerdings geht 90% des Inselverkehrs über das im Osten gelegene Keramoti. Ich habe es nicht bereut, mal zwei Tage in Kavala zu übernachten. Es gab sogar einen ganz altmodischen Privat-Zimmervermieter direkt unterhalb der Burg. George Alvanos vermietet da vier sehr unterschiedlich ausgestattete Zimmer (2510-221781). Das kleinste Zimmer hat den einzigen Balkon, von dem man nachts in der Spitzkehre der Straße die fluchend manövrierenden Autofahrer beobachten kann, wenn wieder mal einer im Halteverbot parkt.

(Übrigens gibt es nur eine einzige durchgehende Fahrstraße durch die Altstadt. Das führt bei Unfällen zum totalen Verkehrschaos, denn wenden und die einspurige Einbahnstraße gegen die vorgeschriebene Richtung zurückfahren ist völlig unmöglich.)

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Die berühmte Alvanos-Spitzkehre im Sackgassenviertel

Kavala ist Hauptort des Bezirks, und wirkt mit seinen 70.000 Einwohnern so, als sei es dreimal so groß. Es wurde im 6. Jahrhundert v.Chr. von Griechen aus Thassos als Neapolis gegründet. Es war eine Poststation an der römischen Fernstraße Via Egnatia, was der Stadt auch den Namen gab (cavallo = Pferd). Berühmtester Sohn der Stadt war Muhammad Ali (geb. 1769), Vizekönig von Ägypten und osmanischer Pascha. (Geburtshaus ist in der Altstadt zu besichtigen.) Er begründete die bis 1953 regierende ägyptische Herrscherdynastie. Bis 1922 war Kavala eine Kleinstadt von nur 6.000 Einwohnern, es wurde jedoch zum Siedlungsgebiet von griechischen Kriegsflüchtlingen aus Anatolien, die auch die Tabakkultur der Gegend begründeten.

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Muhammed Ali Pascha

Das Wahrzeichen der Stadt, das nach römischem Vorbild im 16. Jahrhundert unter Suleiman I. erbaute Aquädukt, versorgte die Stadt mit Wasser aus den Bergen. Das byzantinische Kastell kann man besichtigen (mit nettem Café!), und vom Busbahnhof aus ist man in einer halben Stunde im antiken Philippi, und mit dem Delfini ist man in einer halben Stunde in Thassos (Ziel Limenas).

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Das Aquädukt

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Karte Copyright: Dimos Kavalas

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