Skyros – 4 – Maria

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1999, Blick von der Akropolis auf den herbstlichen Nordosten von Skyros

Zweiter Versuch, September 1999. Ob es diesmal klappt mit der traditionellen Wohnung? An der Bushaltestelle lauert eine kleine schwarze Witwe: “Rooms?” Aha! Ob sie denn “traditional rooms” anzubieten hätte? Sie nickt eifrig, zerrt schon an meinem Ärmel: “Antico domatia? Ne ne, yes yes! Come look!” Wir machen es wie immer, ich gehe grundsätzlich alleine mit, Begleitung und Gepäck bleibt an der Bushaltestelle. Die Witwe ist irritiert. Warum die kyria nicht mitkommt? Und das Gepäck …?

Wir bewegen uns durch das Labyrinth. Die Witwe erzählt abwechseld von ihrem harten Schicksal und ihrerm schönen Haus. Ich verstehe kaum die Hälfte, ahne den Rest. Da ist das Haus! Eine wacklige Metallaußentreppe schraubt sich draußen hoch. Nichts für Höhenangstbefallene. Die Witwe ächzt hinter mir hoch. Der “room” ist auf dem Dach, 3. Etage.

Nein, war nichts, Niete. Da hat einer eine kleine zugige Hütte auf’s Flachdach gesetzt, mit Wellblechdach gedeckt. Und die Einrichtung ist alt, aber keinesfalls traditionell. Ich lehne ab. Die Witwe ist untröstlich, bekreuzigt sich, zeigt auf ihr armes Herz. Sie rupft ein Basikumsträußchen (traditionelles Willkommensgeschenk) aus dem Topf, drückt es mir mit dem Zimmerschlüssel entschlossen in die Hand. Soll ich mitnehmen, und dann wiederkommen. Der kyria würde es bestimmt gefallen! Hm. Den Schlüssel zurückgeben ginge jetzt nur mit Gewalt …

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Das “antico domatia” der schwarzen Witwe: Die blaue Terrasse in der Mitte!

Ich nehme es mit, zur Not kriegt sie den Schlüssel später durch’s Küchenfenster zurück. Was jetzt? Bin ich nicht irgendwo in der Nähe von Soulas Haus? Kreuz-und-quer-Fahndung. Da ist es! Und Soula ist zu Hause! Soula telefoniert: Maria! Die Maria hat doch was, ihre alte Wohnung! 10 Minuten später treffe ich mich mit Marias Tochter, wieder 10 Minuten später sind Maria und ich uns einig: 8.000 Drachmen/Tag.

Bei der schwarzen Witwe bin ich schon zweimal wieder vorbeigekommen. Ihr Haus ist direkt um die Ecke. Ihr mißtrauischer Blick verfolgte mich aus dem Küchenfenster. Jetzt kriegt sie ihren Schlüssel. Sie nimmt ihn mit unbewegtem Gesicht. (Aber am nächsten Tag grüßt sie uns auf der Gasse, verbissen lächelnd, als wäre nie was gewesen. “Marias domatia kala?” will sie wissen.)

Eine Stunde später ziehen wir ein. So lange hat das Zimmersuchen selten gedauert. Aber die Zigaretten sind auf der Wartebank am Bus noch nicht ausgegangen. Die Mühe hat sich gelohnt.

Marias Wohnung fehlt natürlich so einiges an Komfort. Das “Bad” ist alles Ernstes auf dem Raum einer bundesdeutschen Telefonzelle untergebracht … die Dusche ist maßgenau über dem Toilettenbecken installiert, man kann da sitzen und duschen! Das Bett ist für indische Fakire geeignet, der Balkon sieht so brüchig aus, daß wir uns höchstens mit einem Bein draufwagen. Aber egal, der Rest stimmt. Ich fühle mich wie ein romantischer japanischer Tourist bei seiner ersten Nacht in einem Schwarzwaldhaus, während die Kuckucksuhr tickt …

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Marias Wohnzimmer

Und Maria, die selbst in einem neuen Haus in der Gasse direkt unter unserem Balkon wohnt, läßt es sich nicht nehmen, uns zum Frühstück mit Marmeladebroten, frischen Pfannekuchen und Kaffee zu versorgen.

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Wein vom Plastikfaß aus dem Mini-Market, stammt angeblich von Skyros, der Wahrscheinlichkeit nach eher aus Kreta, 450 Drachmen (1,40 Euro) für 1,5 Liter, stilvoll serviert auf einem alten handgehämmerten Zinnteller (von Marias Wand entlehnt).

Viel zu früh am Morgen ertönt jeden Tag Marias Stimme von unten: “Theodoros, Theodoros …!?” Um Himmels Willen, acht Uhr! Sie wird so lange rufen, bis sich einer am Fenster zeigt! Egal, wir müssen runter, sofort. Wieviel Wein hatten wir denn gestern wieder?

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Am letzten Tag ist Maria krank, die Grippe. (Wahrscheinlich wirkt jetzt der “böse Blick” der schwarzen Witwe …) Maria hat ihre greise Nachbarin (mit dem Gipsarm) verpflichtet, uns mit Pfannkuchen zu versorgen! Dazu gibt es Frühstücksfernsehen in schwarz-weiß und Marias Enkelkinder, stumm auf den Bildschirm starrend und eifrig kauend. “Eros!” läuft, ein griechischer Schmalzfilm von 1960.
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2 comments

  1. Hallo, habe sehr interesseirt deine web seite gelesen, wir beabsichtigen nach skyros zu kommen nicht für urlaub sondern dort zu leben. zu den Fakten .
    wir interessieren uns für den ort achil( ich weis der heist anders) wir suchen ersteinmel ein Haus zu mieten . Wir haben ein kleines Boot ca. 11 meter lang und brauchen einen Hafen. Zur Zeit sind wir auf dem pilion in Neochori.
    würde mich sehr freuen etwas von dir zu hören

  2. Welche Möglichkeiten es gibt, auf Skyros einen längerfristigen Mietvertrag zu kriegen – da bin ich auch überfragt. Aber außer Skyros(Stadt) gibt es kaum einen “richtigen” Ort auf der Insel. Ich weiß, daß da früher einige alte Häuser leer standen. Wenn die an exponierter Stelle stehen (starker Nordwind), wird kurzfristig da im Winter aber ungerne vermietet – denn oft haben die Häuser keine brauchbare Heizung. Also ist es kalt und feucht und ungemütlich.
    Fragt am besten mal in der Gemeindeverwaltung (Dimarchion).

    Viele neuere Häuser sind in der Ebene nordöstlich der Stadt entstanden (oben, erstes Foto). Bestimmt kann man jetzt im Winter auch für ein paar Wochen ein Touristen-Apartment finden, zu einem relativ günstigen Preis, bis man ein Haus gefunden hat.
    Das Boot müßte wahrscheinlich nach Linaria – das ist der einzig “richtige” Hafen, aber schon etwas entfernt von Skyros-Stadt. In Linaria ist im Winter wohl auch nichts los …
    Also, jedenfalls viel Glück beim Suchen!
    Theo

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