Annäherung an Limnos – 1 – Mirina

Der Hafen von Mirina, oben die venezianische Festung, unten Mitte das Hotel Lemnos.

Mancher nähert sich Limnos, hat aber vom Blick aus der Ferne schon genug. Franz von Löher nähert sich Limnos 1876 von Imbros her. Beide Inseln gehörten damals noch zum Osmanischen Reich. Noch waren sie nicht durch eine argwöhnisch bewachte Grenze voneinander getrennt. Löher steht am Deck seines Schiffes und nutzt beim Blick auf Limnos noch sein Hochleistungs-Fernglas (das ihm später geklaut wird):

„ … das Gestade erschien keineswegs anlockend. Rundliche Berge, niedrige Felsküste und sandige Ebenen, alles gelb und braun, und so nackt und kahl, als könne sich keine Haidschnucke dort ernähren. Man begreift nicht, wie auf Lemnos die Schafheerden fortkommen, welche Wolle und Käse sie liefern, die der Insel Hauptwaare bilden. (…) Die ganze Insel sieht aus, wie von Sonne und Vulkanen verbrannt, und ich begreife, warum sie dem Hephaistos geweiht war.“

„Während die übrigen thrakischen Inseln türkenfrei sind, gibt es in Lemnos ein paar kleine Moscheen. Jedoch machen die Türken von den zwölf- bis fünfzehntausend Einwohnern kaum ein Zehntel aus. (…) Die Neugriechen von Lemnos sind entweder Ackerbauer, oder tummeln sich auf dem Meer als Händler und Schiffer, und ihre Frauen werden gerühmt ob ihrer Schönheit und ihres Fleißes am Webstuhl.“

„Wir fuhren eine Zeitlang an der Küste hin. Der unerträglich nackte Anblick blieb sich gleich. Lange Klippenreihen erschienen, aber nirgends ein Gestade, das man näher sehen möchte. Ich ließ endlich das Schiff nach Tenedos hinwenden.“

Quelle: Rough Guide

Von den Gestaden der Insel haben wir bei unserer Annäherung nichts gesehen. Es ist schon dunkel, als die Adamantios Korais in Mirina anlegt. Keine hundert Meter Fußweg bis zum Hotel. Zimmer mit weitem Hafenblick aus der dritten Etage. Aber der Hunger treibt uns gleich wieder hinaus.

Durch die Basarstraße Odos Kydha – die Fußgängerzone – in Richtung der nördlich der Festung gelegenen Bucht. Die Basarstraße, eine laubüberrankte Ansammlung von kleinen Läden mit meist überflüssigem Tinneff im Angebot.
Daß dort noch ein Haushaltswaren- und ein Metzgerladen überlebt hatte, tröstet mich.

Es ist ein Donnerstagabend, aber in den Cafés und Ouzerien ist Hochbetrieb. Im „Sinialo“ ist draußen kein Platz mehr frei. Uns bleibt der vorletzte Tisch im Innenraum, und an die Flogeres mit Pasturma erinnere ich mich noch gut.

Beim Absacker im Kafeneion am Hafen „erfreut“ uns ein überlautes und überflüssiges Fußballspiel auf dem TV-Großbildschirm, das selbst die meisten griechischen Stammgäste
ignorieren.

Freitagmorgen. Blick vom Balkon nach rechts … die Korais ist noch nicht wieder auf dem Rückweg zum Festland.

… und Blick nach links:

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Der kleine Fischereihafen (Limanaki), am Rande mehrere Lokale. Vorne die stattliche „Panagia M“, die fast täglich auslief und am späten Abend den Fang direkt von Bord verkauft. Und die Ausbeute ist gar nicht so gering:

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Auf den Ägäis-Inseln (und auch anderswo …) frage ich mich jedesmal, nachdem ich mich ein bißchen umgeschaut habe:
Würdest du hier überwintern können?

In Mirina hätte ich schon nach dem ersten längeren Rundgang bei Tageslicht wohl JA gesagt – eine Adresse mit Hafenblick natürlich vorausgesetzt … 🙂 .
Wenn auch im Winter nur noch zweimal pro Woche die Fähre nach Alexandroupolis geht und auch die Flüge nach Athen seltener angeboten werden. Aber Mirina ist eine Stadt der jungen Leute, die auch im Winter nicht schläft. Und für den Alltagsbedarf ist gut gesorgt (Lokale – von cool bis traditionell, Supermärkte, Bankfilialen, Bildungseinrichtungen – von der Grundschule bis zu Abteilungen der Hochschule der Ägäis usw. usw.). Und auch die Internet-Verbindung ist stabil …
Daß auf der Insel das griechische Militär allgegenwärtig ist, merkt man in Mirina kaum. (Außer daß Katharina, inzwischen „polizeibekannt“, am Ende das Gefühl hat, persönlich überwacht zu werden.)
Und (im Gegensatz zu Samothrake = 1 Tankstelle), hat Limnos mehr als ein Dutzend davon.
Geradezu weltstädtische Umstände … 🙂
Es gibt sogar mehrere Verkehrsampeln in der Altstadt von Mirina, dort, wo Teile der Straßen nur einspurig befahren werden können. Beim Bau der Häuserzeilen hat man an Autoverkehr noch nicht gedacht:

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Die Stadt ist, wie die Insel, eher unspektakulär – gemessen an, sagen wir mal, Santorini. 🙂 Aber genau darum hält man es in ihr gut aus. Und als „Fremder“ fällt man noch auf. Uns Ahnungslosen hat noch ein Kellner den Unterschied zwischen Ouzo und Tsipouro erklärt …

Es gibt noch Spuren aus osmanischer Zeit in der Architektur mancher Häuser. Oft sogar komplett restaurierte Gebäude …

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… und viele kleine bürgerliche Villen, die sich oft hinter origineller Gartenarchitektur verbergen. An manchen hat auch schon der Zahn der Zeit genagt …

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Und nach dem Rundgang am Freitag, den wir getrennt – mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad – angegangen sind, finden wir die nächste empfehlenswerte Adresse, die „Ouzeri To 11“. Katharina ist wieder in Aktion, um ein besonders originelles Gericht im Bild festzuhalten. Hier ist es der besonders gute Oktopus-Salat mit grünen Oliven und Kapern:

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Die Portion ist ausnahmsweise mal nicht zu groß, sondern zu klein. An Fava und Keftedes konnte man sich dann sattessen. Und für das Essen am nächsten Tag haben wir ein ganz besonderes Ziel im Auge, in Moudhros im Osten der Insel …

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