Kithnos, eine zweite Chance …


Loutra, Kithnos

Freitag. Eigentlich wollte ich das Wochenende auf Syros verbringen. Freitagmorgen ab Lavrio hin, Montagmorgen weiter nach Kea. Das wären insgesamt elf Stunden auf der Artemis, die diese Strecke zur Zeit bedient. Es sind aber nur 90 Minuten von Lavrio bis Kithnos, auf der Marmari Express, Ankunft 9 Uhr 55 …
Donnerstag hatte Katharina in den Kontseta Rooms eingecheckt. Warum nicht zusammen ein Auto mieten und noch einmal nach dem „Alleinstellungsmerkmal“ dieser Insel suchen? Vielleicht habe ich ja beim ersten Mal was übersehen? Wir haben drei Tage, und können einiges „Schongesehene“ ignorieren. Katharina ist ja auch nicht zum ersten Mal hier.

Ich melde mich auf Syros ab und frage bei George (Kontseta Rooms) nach, ob er sich noch an mich erinnert, und ob mein Apartment über der Ostria-Taverne von dieser alten Dame noch vermietet wird.
Aber ja, er erinnert sich. Damals dieses asiatische Paar, das aus Versehen in Kithnos ausgestiegen war, obwohl sie nach Milos wollten …
Aber nein, das Apartment gehörte einer Großtante der Familie, die das Ostria führt, und die ist letztes Jahr gestorben. Das Apartment ist jetzt dauervermietet.
Bei Kontseta übernachten? Geht nicht. Da sträuben sich immer noch meine unfallgeschädigten Knie gegen die steilen Treppenstufen. George empfiehlt die Finikas-Studios als Alternative. Zentral und preiswert. Meine Knie sind einverstanden …

Wir sind schon Freitagmittag unterwegs, suchen zuerst ein leichtes Mittagessen in Chora, dem Hauptort(…dorf?) der Insel. Fast alles ist geschlossen, Saisonende, aber in der Taverne Kentro gibt es Gemüse satt:


Nachmittag. Der Autovermieter war der Meinung, unser leicht betagter Hyundai hätte keine Probleme mit den letzten zwei Kilometern Erdstrecke zu der breiten Kolona-Sandbank, die Kithnos mit dem Aghios-Loukas-Inselchen verbindet. (Erinnert an Elafonissi auf Kreta.)

Die Serpentinen-Erdstraße ist steil und sehr eng. Probleme entstehen nur, wenn einem in einer Kurve an der engsten Stelle von oben ein egoistischer Sturkopf entgegenkommt, der von der „Bergfahrt-hat-Vorfahrt“ nie etwas gehört hat. Katharina setzt zurück (fluchend), der Typ folgt uns mit weniger als zwei Meter Abstand bis zur nächsten Ausweichmöglichkeit.
Man sollte ihn wegen Nötigung anzeigen, aber …


Auf Fotos sehen solche Strecken immer so harmlos aus …

Wir lassen das Auto erst einmal zurück, laufen hinauf zur höchsten Stelle. Katharina schaut
hinunter ins Tal, ist sicher, die Strecke fährt sie locker, läuft zurück, holt das Auto.
Sie hat recht. Am Kolonastrand parkt schon ein Dutzend Pkws wie unserer. Einer von uns strebt zum Strand, ein anderer strebt in die Strandtaverne, um sich ein Mythos zapfen zu lassen. Raten Sie, wer! 🙂


Katharina hatte mal (ironisch?) erwähnt, das „Kurbad“ Loutra im Inselnorden sei doch ein Alleinstellungsmerkmal der Insel …

Samstag. Schauen wir mal nach. Ja, die heiße mineralhaltige Quelle ist noch nicht versiegt, aber die „Kureinrichtungen“ und ihre Übernachtungsräume sind längst verfallen. Reif zum Abriss. Hier wird man eher depressiv als gesund …


Das Wasser der Heilquelle fließt in einem offenen Kanal einfach abwärts zum Sandstrand der Bucht …


… wo man eine Art „Mischbecken“ aus Felsbrocken zusammengelegt hat, in dem man zur Gesundung sitzen kann wie in einem Whirlpool. Katharina misst die Temperatur des zufließenden Quellwassers. 40° Celsius!


Es ist heute unglaublich heiß und stürmisch dazu. Jemand startet auf eine Wanderung in Richtung des Kastro Orias, jemand läßt sich unter den Tamarisken bei der Oktopus-Deko nieder (Foto ganz oben), Choriatiki, Bier und ganz viel Mineralwasser (aber kalt, und aus der Flasche). Raten Sie, wer! 🙂

Die Tamarisken streuen in den Sturmböen haufenweise Zweige und Blätter ins Essen und in die Getränke. Ich wechsle an einen sicheren Tisch, dann fallen dort sogar die Sonnenschirme. Ist nicht unser Tag.

Ist leider auch nicht der Tag für unser Auto. Es springt nicht mehr an, gibt absolut keinen Mucks von sich. Der Vermieter will in einer Stunde hier sein. Was ist? Die Kontakte der Batterie sind verrottet. Da hilft kein Heilwasser zur Reparatur, sondern irgendein weggeworfenes Stückchen Metall, das unser Hellas-Mechanik-Meister in der Wiese sucht und findet. Es wird zurechtgeklopft, festgezurrt. Fertig. Läuft wieder.


Läuft auch noch am nächsten Tag. Da geht es zuerst zum Profitis Ilias (Katharina neigt dazu, auf jeder griechischen Insel den Profitis Ilias zu besteigen. Es gibt kaum eine Insel ohne einen Berg mit diesem Namen …)
Man kann ein kurviges Asphaltsträßchen nutzen, um fast zum Berg zu kommen (weil da ein paar verrostete alte Windräder stehen und auch die Mülldeponie). Vom Parkplatz an der Mülldeponie geht es weiter zu Fuß.


Nur einer von uns kommt oben an, an der Kirche auf dem Gipfel. Raten Sie, wer! 🙂

Mir, der kurz vor dem Kirchengelände umkehrt, dort, wo es richtig steil wird, gefällt der Weg durchaus. (Meinem Knie auch.) Superklares Wetter, tolle Fernsicht. Man müßte im Frühjahr herkommen, nicht jetzt, wo alles völlig vertrocknet ist.
Ach so, Katharina beschwerte sich vor kurzem … ich würde sie zu oft von hinten fotografieren. Das hat einen einfachen Grund: Wenn wir zusammen irgendwohin laufen, dann sehe ich sie meist nur von hinten …!
Aber bei Gelegenheit rächt sie sich auch mal 🙂 . Zum Beispiel hier in Aghios Stephanos, einem abgelegenen Stranddörfchen im Osten der Insel, wo uns am Ende des unbefestigten Weges sogar eine nette Taverne erwartet. Meerblick, salzigfrische Brise, Katzen, Enten, und diese Ruuuhe:


Den Rest des Sonntags machen wir im Schnelldurchlauf, fahren Richtung Süden: Kanala
(naja, nett – aber wer an der Wallfahrtskirche das irreführende Schild „zum WC“ angebracht hat, gehört ans Kreuz genagelt. Es gibt kein WC.), Aghios Dimitros (oh je, fast nur leere Ferienhäuser), Driopida (das Dorf lebt, ist aber im Sonntagskoma).

Also gut, das Kithnos-Alleinstellungsmerkmal gefunden? Nein. Wir kommen in 15 Jahren wieder her und schauen nochmal nach.


Nein, das ist kein Symbolbild zum globalmedizinischen Zeitgeschehen. Das ist Giselles Lieblingsspielzeug, und es liegt abends nur so rum im Hof, damit ich drüber stolpere.
Giselle …?
Giselle ist der Finikas-Studios-Haushund, und sie ist kerngesund. Scheint kerngesund.
Wer weiß …

06.11.2020 – eine Ergänzung, für Katharina:


44°R (Reaumur) = 55°C (Celsius), 33°R = 41°C.
aus:
Dr. Karl Gustav Fiedler (Seite 112, „Reise durch alle Theile des Königreichs Griechenland 1834-1837“, zweiter Teil, 1841, Fleischer-Verlag Leipzig).
.
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4 comments

  1. Für mich ist Loutra sehr wohl ein Alleinstellungsmerkmal. Nicht weil es dort bombastische Kurmöglichkeiten gäbe (nein), sondern weil man dort ganz wunderbar provisorisch und wann immer man (oder frau – das Thermalwasser soll v.a. gegen Frauenleiden helfen) möchte unter freiem Himmel ein wunderbar heißes Naturbad nehmen kann. In gewünschter Temperaturmischung zwischen Meerestemperatur und 40°C. Die Griechinnen dort wußten das seht wohl zu schätzen. Und ich auch.

    Und für Männer – hätte vielleicht auch bei lädierten Knien geholfen … 🙂

  2. Ui, ich hatte wirklich gedacht, du hättest das ironisch gemeint!
    Also gut, das mit den lädierten Knien probiere ich aus.
    In … was hatte ich gesagt … 15 Jahren? 🙂

  3. Katharina, da stimmt dir jemand zu. Dr. Fiedler war 1835 in Loutra. Der Doktor war aber kein Mediziner – er war Königlich Sächsischer Berg-Commissär. (siehe oben)

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