5 Santorin, Invasion 1906

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Santorin ist – auf dem Rückweg nach Italien – die letzte Station der deutschen Mittelmeer-Reise in Griechenland für die Reisegesellschaft auf der Etoile. Touren von Großgruppen wie diese stehen für eine ganz neue Zeit – also soll der Ausflug hier ausführlich nacherzählt sein!
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Die Pferde für den Landausflug sind seit Monaten für den 24. August bestellt. (Übrigens: Es ist immer noch ungewöhnlich, als Tourist auf den Kykladen im Hochsommer aufzutauchen!) Schon am 23. ist man jedoch vor der Insel, da man zwischendurch den Rhodos-Besuch gestrichen hatte, um später in Neapel die “Verheerungen”, die der Vesuv-Ausbruch im April und Mai 1906 angerichtet hatte, zu besichtigen. (Ja, Katastrophen-Touristen gab es damals auch schon …)
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Man hatte von Smyrna ein Telegramm mit der Terminänderung geschickt, das auf Santorin jedoch nicht angekommen war.
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Man beschließt, die geplante Tour zur antiken Stadt Thera, zum Kloster auf dem Eliasberg und nach Pyrgos und Fira trotzdem zu machen, auch zu Fuß. Etwa 100 Teilnehmer (von 375) werden nun per Beiboot zur Insel geschafft! Die griechische Strandwache will sie zunächst gar nicht landen lassen, da die Etoile kein Gesundheitszeugnis der griechischen Sanitätskommission vorweisen kann. Aber die Herren lassen sich bereden …
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20 Pferde werden schnellstens noch zum Strand nach Kamari geschafft, der Rest soll auf dem Messavuno zu finden sein. (Dort liegt die antike Stadt Thera, die seit 1895 von Hiller von Gärtringen ausgegraben wird – siehe sein: “Die Insel Thera in Altertum und Gegenwart”.)
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Es geht zunächst durch den tiefen, grauen Sand des Strandes in Kamari. Das ist zu Fuß oder zu Pferd schon schwierig genug. Dann muß man steil bergauf. Mit griechischen Holzsätteln ohne Steigbügel, das ist für die Reiter gewöhnungsbedürftig.
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Es gibt genug zu besichtigen von dem, was vom antiken Thera aus dem Boden geholt wurde (oder was in umliegende Kapellenmauern eingebaut war): Tempelfundamente, Reste von Privathäusern, die Agora, das Theater, das “Heiligtum der ägyptischen Götter” und dazu die Ausssicht über Weinfelder und Meer aus 369 Metern Höhe! Bis nach Kreta geht der Blick.
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Hinauf zum Kloster auf dem Aghios Elias! An der Pforte wird die kleine touristische Invasionsarmee von den Mönchen mit Mastix bewirtet. Die tolle Aussicht vom Dach des Klosters beeindruckt! (Man beachte die Sonnenschirme! Aber niemand legt das Jackett ab!)
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Anfang und Ende der Karawane paßt nicht mehr ins Bild …
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Kurze Pause für die Karawane in Pyrgos, aber nur im Stehen. Weiter Richtung Fira. Da, unten im Krater, ist inzwischen die Etoile eingetroffen, mit den Reiseteilnehmern, die nicht am Überlandausflug teilnehmen.
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Mittagessen für alle ist “in einem Gasthaus” vorbereitet, und “reichlich floß edler Malvasiawein, so daß die Mittelmeerfahrer eine ungeahnte Begeisterung ergriff.” Moment, steht da: in einem Gasthaus? Reicht der Platz? War man auf der Insel auf so viele Besucher schon eingerichtet? An der Mittelmeer-Fahrt nehmen schließlich mehr als 375 Leute teil …
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Immerhin hat Santorin durch den Export von Mineralien und landwirtschaftlichen Produkten viele Kontakte zur Welt. Es gibt sogar einen Konsularagenten des Deutschen Reichs auf der Insel.
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Nachmittags gibt es, vor der Rückkehr auf’s Schiff, noch ein Seebad am Landeplatz von Fira. Einer der Touristen fällt dabei ins Wasser, “ehe er seine Kleider abgelegt hatte”.
(Bemerkenswert: Schon ganz am Anfang der Mittelmmeer-Reise … in Katakolo, beim Olympia-Ausflug … wurden die Schwimmer der Gruppe im Meer fotografiert … die Begeisterung für’s Baden im Meer ist 1906 bei Griechenlandreisenden noch was Revolutionäres …)
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Am Spätnachmittag geht es auf’s Schiff, um den inseltypischen Sonnennuntergang zu betrachten. Unten ist es bereits schattig, oben, wo “die schwarzen, roten und braunen Wände senkrecht emporsteigen” thronen die Städte “blendend weiß wie Zauberschlösser”.
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Und “allmählich färbte die Stadt sich rosarot, dann violett und endlich tiefblau, das Meer aber bildete eine weite blutrote Fläche.”
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Die Reportage-Fotografie und ihre drucktechnische Reproduktion hatte damals leider technisch noch keinen hohen Standard. Alle Fotos aus:
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ZWEITE DEUTSCHE MITTELMEERREISE
vom 4. bis 29. August 1906
unter Leitung von Prof. Dr. K. Miller, Stuttgart
Redigiert von Franz Bonora
343 Seiten, mit 266 fotogr. Abbildungen
Selbstverlag der Reiseleitung, Stuttgart 1906

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One comment

  1. “Man hatte von Smyrna ein Telegramm mit der Terminänderung geschickt, das auf Santorin jedoch nicht angekommen war.”

    Was lernen wir daraus? Soviel anders als heute war es damals auch nicht!

    Nur: statt der eigenen Website gab es noch das eigene Buch!

    Gruß
    Richi

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