„Μόνο ένα άτομο?“ Solo in der Taverne.

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Hydra, Spätnachmittag. Kleine Portion Ouzo, große Portion Mezedes.
Gedacht für zwei, aber das schafft man doch auch alleine, oder?

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Es hat sich einiges geändert im Verhalten der Griechenlandreisenden. Nach 33 Reisejahren, etwa 1000 Tagen im Land und etwa 2000 Tavernenbesuchen fällt einem das schon auf. Ich schreibe das hier in erster Linie als Hilfe für Alleinreisende. (Den größeren Teil meiner Touren habe ich allerdings in Begleitung hinter mich gebracht.)
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Egal ob mit oder ohne Begleitung, der/die heutige Reisende sucht Sicherheit. Ich inzwischen auch, leider. Man fällt nicht mehr von der Fähre in die Arme einer Vermieterin, die einen in ihr Privatzimmer abschleppt: „Rooms, very good rooms, kyrios, come look!“
Nein, man hat seine Unterkunft bereits im Internet geprüft, und auch dort gebucht, der Preis enthält den Zugang zum Frühstücksbuffett (Buchung erfolgt, nachdem man sich durch zwölf Mal 54 Gäste-Bewertungen durchgearbeitet hatte).
Seine Fährverbindungen fragt der potentielle Hellasbesucher bereits neun Monate vorher im Griechenland-Forum ab. Ab Weihnachten klingt das so: „Kann mir jemand sagen, ob es im nächsten September freitagnachmittags eine Fähre von Korfu nach Samos gibt? Und sollte ich das Ticket besser jetzt schon buchen?“
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IMG_9937_A300🙂 Vergessen wir das. Hier geht es nur um Essen und Trinken. Also: Wer früher ein Privatzimmer in der Hafengasse hatte, hatte bestenfalls einen kleinen Gaskocher zur Verfügung, um sich morgens seinen „Kaffä Nes“ zu kochen. Vielleicht hatte er auch einen Kühlschrank, den er nachts ausmachen mußte, wegen der Lärmbelästigung. Beim Bäcker gab es Tiropita, Bougatsa oder Sesamkringel.
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Ist nicht mehr nötig. Vor den Aktivitäten des Vormittags hat man sich am Frühstücksbuffett gut abgefüllt. Kosten: Etwa 5 bis 8 Euro pro Person.
Und ich muß sagen, die Auswahl wird da jedes Jahr umfangreicher und ist jedes Jahr von besserer Qualität: Yoghurt, Müsli, Schinken, verschiedene Wurst- und Käsesorten,
Bacon und Eier, Obst, Saft, Kaffee, Kuchen, frisches Brot und Mini-Pita …
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In den mageren Tiropita-Zeiten hatte man nach den frühen Strand- oder Wanderaktivitäten mittags einen gepflegten Hunger. Auf zur Dorftaverne, rein in die Küche und mit dem Finger auf die geschmorte Auswahl gezeigt: „Das da, das da, und Patates, und Salat, kai miso kilo krassi!“
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Heute. Da fehlt der Appetit, das Frühstück liegt noch im Magen. Mein Mittagessen sieht gewöhnlich so aus – Kaltgetränk und Mezedes:
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Oder so (4 Euro):
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Oder so (5 Euro):
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Diese Auswahl ist vorbildlich: Käse, ein Löffel Melitsanasalata, ein Löffel Tarama, Kartoffelsalat, Tomate, Gurke, Oliven, geräucherter Fisch, Ouzo gut und pur (!) eingeschenkt (selbstverständlich mit Eis in der Extraschale zum Selbstdosieren und einem kühlen Glas Wasser).
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An Fastentagen geht es auch mal so (3 Euro) 🙂 :
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Es kann auch was edles sein, das dem Meer entstammt (9 Euro, inclusive ½ Liter Wein):
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Es kann auch lieblos und mau sein (7 Euro):
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Der tripadvisor-Bewerter hat nachgezählt: Eine Tomatenscheibe (halbiert), 3 Scheiben Gurke, 3 Stückchen Feta und 3 Artischockenstücke … die Hälfte ist krümeliges Brot, das nach Doktor-Oetker-Backmischung schmeckt, darunter verborgen 5 winzige Scheibchen Wurst (in 5-Cent-Stück-Größe).
Kein Glas Wasser (ganz schlecht). Reichlich zerstoßene Eissplitter bereits an der Theke ins Ouzoglas gekippt (ganz ganz schlecht … so ist das Anis-Aroma völlig verwässert … Hilfe, „crushed ice“, bin ich hier in Los Angeles?).
Dafür vom Kellner bei der Begrüßung listig lächelnd ausgefragt: „Μόνο ένα άτομο? One person?“ „Nαί. Yes.“ „Where do you come from, Sir …?” “Germany.” “Aaaah, Germany!“
Tja, Frau Merkel, Herr Schäuble, das habe ich wegen euch nun ausbaden müssen … in Zukunft komme ich aus Estonia oder Lithuania …
Ich will den Namen des Lokals und den Ort hier nicht nennen, wenn man dort „richtig isst“, soll es sehr gut sein, höre ich von Einheimischen, denen ich sonst immer vertrauen kann.
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Nebenbei, mit Einheimischen als „parea“ gemeinsam essen gehen, am besten erst abends, das ist in Griechenland sowieso das beste. Ich hatte gerade wieder einen solchen Abend.
Hat aber nicht nur Vorteile: Wenn ich mich beim Essen unterhalte, vergesse ich oft, daß ich auch noch den Teller leeren muß … 🙂 …
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Nach dem guten Essen in bester Gesellschaft war ich zwei Tage später alleine im selben Lokal, auch abends. Wirt und Kellner haben mich nicht wiedererkannt. Da hatte ich ihn wieder …

den größten Nachteil für Alleinreisende: Es gibt eigentlich nur selten Eine-Person-Portionen in der Taverne – von einigen Restaurants in der Großstadt mal abgesehen, die Fleisch vom Grill mit einer kleinen Beilagengarnitur servieren – aber wer will schon jeden Abend Souvlaki oder Snitsel zu sich nehmen?
Der Grund: Griechen kommen praktisch nie alleine zum Essen.
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Hier also, was von meinem Solo-Abendmahl blieb. Das Ergebnis ist extrem, aber nicht untypisch:
Fava = 80% zurück (mein Fehler, ich war vorgestern schon vor der schlechten Qualität gewarnt worden)
Maroulli-Salat = 80% zurück (ich hatte gefragt, ob es eine halbe Portion gäbe, nein, gibt es nicht)
Brot = 80% zurück (was soll ich mit 5 dicken Scheiben Weißbrot?)
– 3 von 5 Gemüsekeftedes zurück (waren in dem Öl gebacken, das vorgestern noch frisch war)
Gratisdessert = 100% zurück
Wein = 0 % zurück, immerhin …
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Verschwendung, und ohne Absicht. In der Dreiviertelstunde nach dem Essen (in der vom Kellner nichts abgeräumt wurde, obwohl er sonst nichts zu tun hatte) lebhafter SMS-Kontakt mit Katharina R., die auf einer Nachbar-Insel sportlichen Aktivitäten nachgeht. Habe oft dabei gelacht, wobei der Kellner mich mißtrauisch ansah: Der Typ isst fast nix, und ganz richtig im Kopf ist er wohl auch nicht …
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Ja, da wundert es mich nicht mehr, wenn von den 3 besten Gerichten, die ich im Mai 2018 in Griechenland hatte, 2 vom Italiener stammten.
Naja, „Italiener“ .. das ist wie in Deutschland, der Wirt ist kein Italiener, der Kellner kein Italiener, der Koch kein Italiener …
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Egal. Beim „Hellas-Italiener“ gibt es gut ausgewogene Hauptgerichte für Einzelpersonen mit Normalappetit. (Hat einer Pizza gesagt? Nee, Pizza geht nicht solo. Pizza ist in Griechenland meist wagenradgroß. Pizza geht nur, wenn sie sich 4 Personen teilen … aber Pizza gehört traditionell ohnehin so wenig in die Trattoria, Osteria oder ins Ristorante wie Gyros-Pita in die Taverne.)
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Hier Gericht Nummer 1 nach meinem Tavernentest (Lokale in Piräus, Attika, Aegina, Syros und Tinos):
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Schweinefilets in Gorgonzolasauce mit einem aromatischen Kräuter-Reis-Karree. Vorher Zwiebackhäppchen mit 3 Dips zur Auswahl, zum Abschluß Panna Cotta und ein Tsipouro (oder Limoncello) gratis. Ein großes Glas Weißwein und 0,5 Liter Wasser dazu, mit Trinkgeld 23 Euro. Und nichts ist übrig geblieben.
Wo? „Pranzo“, am alten Hafen in Tinos-Stadt. Der echt italienische Kellner heißt Panagiotis. Grappa haben wir keinen, sagt er, aber unser Tsipouro ist genauso gut. Und das Wasser ist aus der Region.
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Hat da jemand gerade gesagt: Ach, Verschwendung … ist doch egal, wieviel du als Alleinreisender für-nix-und-wieder-nix fürs überflüssige Essen ausgibst!
Denk mal dran, daß dein Einzelzimmer überall im Land fast genau so viel kostet wie ein Doppelzimmer, und einen Mietwagen kriegst du auch nicht billiger, wenn du keinen Beifahrer hast … alleine reisen ist eben unökonomisch!

Ja, stimmt, wenn man das so rechnet. Monika B. meint auch, ich nehme das viel zu wichtig mit meiner Kritik am Auswärts-Essen.
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