03 Vizitsa, die Karwoche

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Die Ostereier sind schon so weit …

Die Karwoche in Vizitsa beschäftigte gewissermaßen das ganze Dorf. Ständig huschten schwarzgekleidete Frauen zu der kleinen Kirche am unteren Dorfrand (die große Kirche war wegen Erdbebenschäden seit Jahren nicht nutzbar), auch Poli ist mit dem Reinigen und Schmücken der Kirche beschäftigt.
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Poli war die lokale Vertretung der EOT und irgendwie zuständig für alles im Dorf. Da die Baustellen in Vizitsa beseitigt sind und das Vermieten angelaufen ist, hoffte sie auf eine neue Stelle im Nachbardorf Pinakates, wo die Restaurierung gerade erst angefangen hat. Und so blitzsauber und poliert die winzige Kirche am Samstagabend auch sein wird, die Unterlagen des Pappas sind leider hoffnungslos “benutzt”, Fingerflecken, Wachsflecken, da ist nichts dran zu machen … aber er kann bestimmt die Hälfte seiner Texte auswendig.
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Zweimal sind wir dem Pappas schon aufgefallen, einmal saßen wir mit Jennifer, der blonden, hyperaktiven irischen Lehrerin, die im Dorf wohnte, mit vollen Schnapsgläsern vor Georginas Ouzeria … und am Karfreitag endete die Dorf-Prozession auf der Platia … kaum angekommen, sprintet der Pappas zu Apostolis’ Taverne und starrt mit bissig-bockschwarzem Gesicht durchs Fenster die Sünder an, die da gemütlich an den Tischen sitzen. Und wir sitzen direkt vor ihm … oh je, tausend Jahre Fegefeuer, mindestens …
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(Um für unsere Fastenzeitsünden Abbitte zu leisten, sind wir am Samstagabend auch brav zur Messe gegangen. Aber es gab gar keine Chance, in die Kirche hineinzukommen. Während drinnen gesungen wurde und der Weihrauch überkochte, war draußen eher Jahrmarkt … so viele Verwandte aus der Stadt waren gekommen, und man hatte sich nach dem langen Winter doch so viel zu erzählen! Ab und zu gab es zwischendurch ein paar Ohrfeigen für die Jungs, die mal wieder heimlich eine Feuerwerksrakete angezündet hatten …)
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Jennifer hatte uns die Geschichte erzählt, wie sie den Kaufvertrag für ihr Häuschen (2 Mio. Drachmen, heute ca. 12.000 Euro) vom Notar in die Hand kriegte zur Unterschrift … und es stand 1,2 Mio. als Kaufpreis drauf. Ihre Freude währte nur ganz kurz … sie müsse dem Verkäufer 800.000 bar bezahlen, und zwar gleich draußen vor der Tür, wegen der Steuern, raunte ihr ihr Makler zu …
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Eingekauft werden muß auch noch für die Feiertage, aber nicht in Vizitsa. Da gibt es nur das Nötigste. Zum Bäcker muß man nach Milies. Dessen Laden vor dem Ortseingang ist immer noch lokal berühmt für sein Olivenbrot (siehe Seite: … kali orexi, jassu!), aber traditionelles Ostergebäck hat er auch. Und Bougatsa gab er natürlich auch während der Fastenzeit! Und er hatte auch die großen Schokoladeneier, die uns später noch nutzen würden …
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Und ab Karfreitag war Apostolis’ Vater schon schwer nervös und gestreßt … für Ostern vorzukochen, war Schwerarbeit! Wenigstens einmal gönnte er mir und meiner Kamera ein etwas gequältes Lächeln:
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Was uns interessierte, war das Ende der Neubaustraße mitten im Dorf. An der Kirche endete die Strecke, die aus Milies heraufkam, vor einer Trockensteinmauer. Was ist mit der Strecke los? Die Leute von Vizitsa wollen die Straße nicht, und sie haben dagegen geklagt. Seit Jahren ist der drei Kilometer lange Weg zwar gesprengt und begradigt, und in die Straßenkarten ist er sogar schon eingetragen … was Ortsfremde immer zu verhängnisvollen Irrwegen führt … aber er ist nicht mehr als ein versumpfter und schon längst wieder überwachsener Erdweg:
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Apostolis lachte: “Was sollen wir in Pinakates? Keiner von uns fährt nach Pinakates. Und wenn der Weg durchginge, dann bringt das nur Durchgangsverkehr, der bei uns nicht mal mehr anhält! Jetzt stehen sie ratlos vor der Mauer, kommen dann zu mir rauf und fragen nach dem Weg! Ist kein Weg, Punkt. Und schon hab ich ihnen Kaffee und was zu Essen verkauft!”
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(Was sagte Maria Diamond noch? Die Leute im Pilion sind “not kind, and calculating” … aber es war ja auch schön ruhig ohne Autoverkehr.) Für die kleinen Dorfherden ist der schmale Weg jedoch sehr praktisch. Apostolis Großvater (74) vertrat sich hier jeden Tag die Beine mit seiner Schafherde, und auch seine Nachbarin mit ihren Ziegen war immer hier:
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