Alonissos und der Rest der Welt – 1

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Ich hatte Alonissos schon vor einigen Jahren besucht (zwei Tage Aufenthalt beim Umsteigen auf der Tour von Skyros nach Aghios Konstantinos), aber da blieb nichts Mitteilenswertes. Jetzt, im Herbst 2018, dauerte der Besuch ein bißchen länger.
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Während die Fähre (die „Proteus“) den Hafen Patitiri im Süden der Insel ansteuert, schaut man irritiert nach links. Richtung Marpunta Bucht. Auch da hat der Katastrophen-Sommer 2018 seine Spuren hinterlassen. Mitte Juni waren dort 11 Hektar Kiefernwald zerstört worden. Siebzig Gäste des im Grünen versteckten Marpunta Village Hotels mußten per Boot evakuiert werden.
Angesichts der größeren Katastrophen hatte das Ereignis von Alonissos selbst in griechischen Medien nur geringe Resonanz.
Die ganze Stadt Mati, nördlich von Rafina/Attika, wurde in einer Nacht komplett vom Feuer zerstört, es gab Dutzende von Toten. Und Chios, Rhodos, Kreta, Kephalonia, Zakynthos traf es auch.
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Jetzt, Anfang Oktober, spaziert man beim Kap Marpunta schon wieder durch den Wald, und man kann an vielen Stellen die Spuren der Zerstörung fast ignorieren. Die Stämme der Bäume sind geschwärzt, aber sie stehen noch. Wie üblich, hatte sich das Feuer auf zwei Ebenen ausgebreitet, am Boden durch das trockene lose Unterholz, und oben durch die Nadeln der Kronen.
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So geben die Kiefern jetzt einen größeren Blick frei auf die Felsinseln zwischen Alonissos und Skopelos. Aber am Boden waren manche Pflanzen widerstandsfähig. Wie diese Steineichen. Über sie sprang das Feuer hinweg:
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Und aus dem Boden drängen jetzt die herbstlichen Veilchen ans Licht:
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Die Kirchen im Wald sind durch ein Wunder unversehrt, klar.
Sie sind durch die Hitze nur etwas geschrumpft … 🙂 …
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Mir fällt ein Frühlingsbesuch auf Møn/Dänemark ein. Die hochgewachsenen Stämme der Buchen waren ebenso schwarz, der kahle und am Morgen oft noch frischverschneite Boden war übersäht von Schlüsselblumen.
Ja, das sah so ähnlich aus wie jetzt auf Alonissos. Vielleicht etwas majestätischer …
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Aber der Gedanke an dänische Buchenwälder wird beim Spaziergang schnell verdrängt durch andere Erinnerungen. Es hat in diesem Jahr so oft ausgerechnet Orte und Gegenden schlimm getroffen, die ich schon einmal besucht habe. Oft obskure Orte.
Nicht nur Mati bzw. Rafina, wo ich zuletzt in der Regel übernachtet hatte, bevor es zum Flughafen ging. Schlammlawinen hatten den Ort Rocca Pietore und den Zugang zur Marmolata in den Dolomiten verschüttet, es gab Regenstürme mit Toten auf San Pietro, der kleinen Insel im Südwesten von Sardinien, und noch nie gab es solche Milliardenschäden durch Waldbrände in Kalifornien wie im November 2018.
Dort hatte es erst im Oktober 2017 die Weingegend vom Napa- und Sonoma-Valley erwischt. (Dort hatte uns eine Freundin ihr Haus bei St. Helena mal ein paar Tage überlassen.)
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Als wir im November 1993 in Los Angeles waren, zeigte unser Fernseher im Hotel Roosevelt am Hollywood Boulevard die Ausdehnung des damaligen Feuers bei Malibu. Malibu ist von Hollywood nicht so schrecklich weit entfernt:
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Ja, immer live dabei, und trotzdem weit genug entfernt …
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Und wenn jemand vielleicht eine heimliche Freude daran hätte, daß der Süden von Alonissos nun, vom Grünzeug befreit, so schöne Aussichten auf den Archipel anbietet … das wäre ja möglich … das ist gar nichts gegen den Sonnenuntergang, der damals Abend für Abend die über dem Pazifik in der Atmosphäre verwehte Asche so grellrot aufleuchten ließ:
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Uns wurde vom Hotelzimmer aus noch eine spezielle Katastrophenfilm-Szenerie geboten. Man drehte gerade die Schluß-Szenen für „Speed“ mit Sandra Bullock, Dennis Hopper und Keanu Reeves.
Der umgekippte Metro-Steuerwagen, der sich im Filmfinale „verselbstständigt hatte“, war auf ein Lkw-Anhänger-Fahrgestell montiert und “raste” über die öffentliche Straße, dabei wurden Aberdutzende von Feuerwerksraketen unter der rollenden Requisite gezündet, so als ob Metall auf den Asphalt schrammte. Der Hollywood Boulevard war am Drehtag total gesperrt.
Eindrucksvoll, so ein Pseudo-Katastrophen-Fall vor der eigenen Haustür …
🙂
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„SPEED ist eine wahre Materialschlacht für Pyrotechniker und Stuntmen. Zwei Busse, ein Flugzeug, eine U-Bahn und Dutzende Autos blieben stark verbeult bis völlig zerquetscht auf der Strecke“ schrieb die WAZ am 14.10.1994, als der Film in Deutschland anlief.
(Der „verbeulte“ Metro-Wagen war natürlich speziell als „unfallbeschädigte Ruine“ gebaut worden – und es gab diese Requisite gleich doppelt. Wären beim Drehen etwas schiefgelaufen, hätte man das identische Double aus der Seitenstraße ziehen können.)
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Und schon im Januar 1994 hatte die WAZ über eine richtige Katastrophe berichten müssen. In Los Angeles bebte die Erde, Tote, Verletzte, zerstörte Gebäude. Im Bild zwischen den Artikeln ein Foto vom Haus unseres Freundes Lou. (Ja, unser “Lou aus Smyrna”!) Sein Haus mußte abgerissen werden.
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Naja, wie üblich bin ich mal wieder vom Thema abgekommen: Es ging doch anfangs um Alonissos, oder?
Wechseln wir also im TEIL 2 wieder auf die Insel. Da wird es still und friedlich …
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HotelRoosevelt_A380Ach so, das 1927 gebaute Roosevelt Hotel, in dem jeder aus der Hollywood-Filmbranche mal gewohnt hat (Marylin Monroe zwei Jahre) war Anfang der 1990er Jahre etwas heruntergekommen, und paßte gut in den Reise-Etat.
Das komplett renovierte Haus zählt heute wieder zu den nobelsten Adressen.
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2 comments

  1. Hallo Theo,
    du schreibst in deinem obigen Text, dass du vor ein paar Jahren bereits einmal von Skyros kommend über Kymi und Aghios Konstantinos auf die Sporaden gereist bist.
    Wir sind dieses Jahr im Mai auf Skyros und müssen spätestens am 8. Juni Richtung Alonissos reisen. Da meine Ehefrau ab dem 10. dort eine Fortbildung besucht. Nach Auskunft der kleinen Reederei aus Skyros wird der Fährverkehr wahrscheinlich ( wenn es so genehmigt wird) erst ab dem 11.06.2019 aufgenommen. Diese einfachste Reisemöglichkeit dürfte so also für uns ausfallen.
    Auf Euböa gibt es denn neuen (Geister-?) Hafen Mantoudi. Zu Abfahrtzeiten oder irgendwelchen uns weiterbildenden Informationen kann ich im www nichts finden.
    Bleibt also nur Aghios Konstamtinos. Wie kommt man von Kymi dort hin? Mit einem Bus über Chalkis? Kannst du uns einen Tip geben?
    Lieben Dank und ach ja, ein frohes gesundes Neues Jahr!
    Imke und Jürgen

  2. Außerhalb der Hauptsaison will ja praktisch niemand von Skyros nach Alonissos. Da habt ihr mit öffentlichen Verkehrsmitteln definitiv ein Problem.
    Von Chalkida Richtung Thessaloniki – ja, der KTEL-Bus hält in Aghios Konstantinos: https://www.ktelevias.gr/en/
    bzw. https://www.ktelevias.gr/en/arethousa-tours
    Aber da gibt es zur Zeit noch keine Fahrplan-Informationen über den Juni 2019.
    Es gibt ja heute auch noch keinen Juni-Fahrplan für die Skyros-Kymi-Fähre!

    Die Fähre ab Konstantinos geht selten. Ich würde selbst lieber von Volos Richtung Alonissos starten – dort gibt es praktisch jeden Tag eine Verbindung.
    Aber es gibt keine direkte Bus-Verbindung ab Chalkida nach Volos, sondern nur ab Lamia.

    Unter der Hand konnte man in Griechenland (fast) immer mit selbständigen Taxiunternehmern einen günstigen deal ausmachen – wenn man gute Nerven hatte und nicht an einem bestimmten Tag irgendwohin wollte, und sich auch die Tour mit jemand anderem teilen konnte,
    Aber da Kymi bzw. Chalkida für euch nur eine Durchgangsstation ist = keine Chance. Wenn die Taxi-Fahrer merken, daß ihr in Zeitnot seid, gibt es sowieso keinen deal.

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