Tilos – Die Paradies-Tour

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Panteleimon
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Agios Panteleimonas. Links die Holztreppe zum Fußweg nach Eristos. Wir sind unschlüssig …
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Doch später: Das ist das Tor zum „Paradhisi“, gewissermaßen …
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Katharina und ich sind oft zur gleichen Zeit in Griechenland unterwegs. Aber unsere Bahnen kreuzen sich nur selten. Wenn, dann treffen wir uns für fünf Minuten im Warteraum auf dem Flughafen und fliegen in verschiedene Richtungen oder gehen mal essen am Hafen in Piräus. Diesmal hatten wir uns tatsächlich das gleiche Ziel zur gleichen Zeit ausgesucht, nämlich die Insel Tilos, hatten die gleiche Unterkunft im Auge (trotz ihrer Ausbeuter-Preise) und sogar den gleichen Wanderplan für einen Tag:
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„Anspruchsvolle Wanderung. Die Dodekanes Insel Tilos ist nicht sehr groß, daher kann diese Wanderroute als eine der schönsten, aber auch der umfangreichsten Strecken angesehen werden. Die geringe Entfernung von ca. 7,5 km täuscht darüber hinweg, dass das Terrain teilweise hochalpinen Charakter hat. (…) Die Wanderung sollte praktischerweise am Kloster Panteleimonas beginnen. Der umgekehrte Weg ist zwar auch kein Problem, aber wenn man am Kloster angekommen ist, kann kein Taxi (Funkloch) gerufen werden. Zum Kloster kann man sich mit dem Taxi bringen lassen (…).“
So steht es bei: http://www.tilos-greece.com/
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So ähnlich steht es auch auf der Rückseite der Skai-Karte von Tilos. Damit hatte es angefangen. Allzu groß war die Schnittmenge unserer Tage auf der Insel nicht, aber dieser Montag sollte passen.
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In der Nacht auf den Sonntag war ich mit der „Blue Star Diagoras“ von Astypalaia aus ohne Umsteigen nach Tilos durchgefahren. Die Diagoras war meine einzige Chance, in meiner Reisezeit auf die Insel zu kommen. Freitagnacht hatte es noch arg gestürmt über die Höhen von Chora, aber meine Befürchtungen erfüllten sich nicht: Mittags lief schon die Nissos Kalymnos den Hafen von Pera Ghialos an, und in den frühen Morgenstunden kam auch die Diagoras nach Agios Andreas, sogar überpünktlich.
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Schlafen konnte ich am Sonntagnachmittag, abends kriegten wir sogar problemlos einen Tisch in den sonst immer ausgebuchten (!) Tavernen an der „Strandpromenade“ von Livadia, und am Montag zog das Taxi mit uns ab Richtung Inselnorden. Nicht nur die Zimmervermieter und Tavernenwirte, auch die Taxifahrer von Tilos machten im September 2012 noch einen guten Schnitt …
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Panteleimonas
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Das aus dem 14. Jahrhundert stammende Kloster Agios Panteleimonas. Wegen der andauernden Überfälle durch Türken und Piraten und auch christliche Freibeuter wurde es stark befestigt. Die heutige Kirche stammt erst aus dem frühen 18. Jahrhundert. Seit Jahrzehnten ist es nicht mehr von Mönchen bewohnt.
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Aussteigen, Knie geradebiegen, das Kloster und seine Kirche besichtigen. Das Kloster hat nichts Sensationelles an sich, aber es ist … gemütlich. Kein Wunder, daß das Paar, das die Straße heraufgewandert war, sich sofort erkundigte, ob man nicht im Kloster übernachten könnte! Ja, ein paar Vorräte und eine Flasche Wein mitnehmen, und hier im abends im Hof oder auf dem Gang vor der Mönchszelle sitzen, in den Vollmond schauen und auf seine Spiegelung hinten am Meereshorizont und mit den unzähligen Katzenkindern herumspielen, der Wind in den Blättern, das wäre schon eine nette Idee …! Ich habe schon in Italien (San Miniato) ein paar Tage in einer (allerdings antik-komfortablen) Klosterzelle gewohnt und erinnere mich gerne daran. Ich nehme nicht an, daß Papas Manolis (Manolis ist wohl sein Name, und ja, er spricht deutsch), der hier tagsüber die Aufsicht führt, dann missionarische Mitternachtsmessen mit seinen ungläubigen Gästen durchziehen würde …
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Aber es gab heute nicht einmal einen Kaffee unten im Kafeneion.
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Eristosweg
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Blick vom Kloster auf das „leichte“ erste Wegdrittel Richtung Eristos. Wie harmlos das aussieht, wenn man das Weitwinkelobjektiv  voll aufzieht, und wie weit weg die Steilwand wirkt …
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Am Plaka-Strand hatten wir Katharinas Bekannte zurückgelassen, und ihre Mutter war gleich in Livadia geblieben. Die drei hatten sich den alpin anmutenden Weg von vorneherein nicht zugetraut. Jetzt stehen wir beide hier und schauen auf die Bergwand südöstlich von uns. Sieht heftig aus. Irgendwo müßte der Weg zu sehen sein, wo er rechts oben über den Kamm geht … nein, nichts.  Und das, wo bereits die Sonne aus dunstblauem Himmel draufknallt, das ist das leichte (!) erste Drittel. „Schwierig“ sei erst die Wegmitte …
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Was denkt der Papas? Er blickt auf unser Outfit, nickt. Ja, ist machbar: „Vier Stunden!“ Vier Stunden für 5,7 Kilometer Höhenweg. Und hintendran noch 1,5 Kilometer Feldweg abwärts  bis zur Taverne. Hm. Ob uns nicht heute doch nach etwas Leichterem ist …?
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Wir bedienen uns an der Klosterquelle, können uns aber bei den Klosterkatzen nicht revanchieren, die um unsere abgestellten Rucksäcke schleichen. Nichts drin, was Katzen mögen, wir sind ja auf die Taverne in Eristos programmiert …
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Die Nordstrecke. Auf dem Fußweg, unter uns die Fahrstraße, vor uns links die unbewohnte Insel Ghaidhouronisi. Kos, geradeaus hinten, steckt noch im Dunst.
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Keine Ahnung, wie lange unsere Entscheidungsfindung dauert. Ist ja auch schön hier im Schatten der Bäume. „Katharina, laß uns lieber den Weg an der Nordküste nehmen, Richtung Agios Antonios, und zwar den Fußweg.“ Katharina ist diese Strecke vor einigen Jahren bereits einmal gelaufen, aber auf der Fahrstraße. Damals war der Fußweg, der weiter oben liegt, völlig zugewuchert. Inzwischen ist er mustergültig freigelegt, vier Kilometer am Nordhang des Krialos-Berges durch eine Landschaft, die nicht umsonst „Paradhisi“ heißt, und dazu am Ende, ab dem Panaghia Kamariani Kloster, noch ein Kilometer auf der Landstraße direkt am Meer.
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Ein mustergültiger Ägäis-Spaziergang! Was die Höhenunterschiede angeht, so geht es von Agios Panteleimonas aus fast immer sanft abwärts, herrliche Aussichten Richtung Nisyros und Kos, und der Weg ist wie gefegt, und es gibt an einigen Stellen sogar Sitzbänke. Man fühlt sich hier wie in Bad Kissingos … 🙂 …
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Wenn es jetzt noch Frühling wäre und überall die Blumen …! Aber es ist längst nicht so sonnenverbrannt wie auf Astypalaia und überall schwenken die Meereszwiebeln ihre weißen Blütenstände.
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Meeresziebeln
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Kein Wunder, daß die Wanderer die verblichenen Wegschilder neu aufbereitet haben: Genau, Richtung “Himmel” und “Hölle”. Und „Gott“ ist nur einen kurzen Weg entfernt, am schnellsten findet man ihn rechts … oder verteilt man hier so die Dreifaltigkeit? Gottvater und der Sohn müssen nach links, der Heilige Geist nach rechts? Gibt zu denken. Hm, ist das hier die Tilos-Version vom Heidelberger Philosophenweg?
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Und wenn wir uns bei den Klosterkatzen schon nicht einschmeicheln konnten, dann wenigstens bei den einheimischen Ziegen. Jemand hat an einem der Pausenplätze den Hahn der Wasserzufuhr zugedreht. (Es scheint keine richtige Quelle dahinter zu sein, vielleicht ist es auch nur eine Zisterne?) Unter dem Wasserhahn ist bloß ein winziges undichtes Becken. Jedenfalls stürzen sich die Ziegen, die dort lagern, jedesmal, wenn Katharina das Becken wieder füllt, mit Riesendurst auf den Nachschub. So viel Angst sie vor uns auch haben mögen, ein Schritt in ihre Richtung, und sie stieben davon …
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Tilos
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(unteres Foto: Katharina R.)
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Ich habe es richtig bedauert, an der Panaghia Kamariana den Fußweg verlassen zu müssen. Wäre im Kloster Panteleimonas das Kafeneion auf gewesen, hätten wir meinetwegen auch noch zurückgehen können! Aber an dem kleinen Hafen von Agios Antonios kann man auch im Schatten der Bäume sitzen und sich gemeinsam eine Portion Choriatiki und Oktopus-Salat zum Wein zuführen, bis der Bus aus Livadia kommt. Nur, das Rohmaterial für den Oktopus-Salat scheint aus der Apotheke zu kommen, wenn man auf den Preis schaut (9 Teuro), aber es schmeckt vorzüglich und reicht für zwei.
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Agios Antonios
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Und siehe da, die Plakastrand-Besucher sind auch schon da, Messer und Gabel in der Hand, etwas enttäuscht, denn sie hatten gehört, das sei „ein absoluter Traumstrand“ … na ja … sie sind der Fahrstraße entlang gewandert und waren natürlich schneller als wir. Und drüben winkt noch jemand „Hallo Katharina!“. Maria und Stefan, sie haben Katharina mal auf einem obskuren Kykladen-Inselchen kennengelernt, auf Sikinos … kleine Welt. Maria und Stefan sind auch enttäuscht, gleich von Tilos insgesamt. So viele Enttäuschungen in so kurzer Zeit. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Luftbild
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1 = Abzweig des Fußweges von der Straße zum Kloster Agios Panteleimonas, 2 = Agios Antonios, 3 = Plaka-Strand. Der Fußweg liegt im Bild unterhalb (= südlich) der deutlich erkennbaren Straße. (Foto Google Earth)
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WEITER MIT:  TILOS, OHNE ABSCHIEDSTRÄNEN
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10 comments

  1. Also das Google Earth Foto soll nur eine grobe Orientierungshilfe sein. Der Fußweg selbst ist da ja auch gar nicht eingezeichnet – und man braucht wirklich keinerlei technische Hilfsmittel, um sich drauf zurechtzufinden! Auf dem Weg verläuft sich keiner.

  2. Wenn hier schon meine Hinteransicht so unvorteilhaft präsentiert wird, dann darf ich auch recht haben: der Weg zweigt keine 500 Meter vom Kloster entfernt ab. Ist in der Terrain-Karte eingezeichnet. GoogleEarth ist von 2006 – da sieht wirklich nix von dem Weg. Vielleicht war er damals noch nicht erneuert.
    Aber verlaufen ist unmöglich. Es sei denn, man will zu God 2… 😉

  3. Am 12. Und 13. Mai 1844 besucht der Archäologe Ludwig Ross die Insel Tilos: „(…) wir ankerten um 3 Uhr nachmittags in einer Bucht an der Nordseite der Insel Telos.“ (in der Aghios Antonios Bucht)

    Die Insel erstaunt Ross mit ihrer Fruchtbarkeit, er sieht die Gegend, die heute noch Skales (Treppen) heißt: „(…) ich war daher verwundert, die Abhänge der Berge bis hoch hinauf in kleine Terrassen gebildet und sorgfältig angebaut zu sehen; am Strande der Bucht aber, wo wir ankerten, fängt eine fruchtbare mit Oel-, Mandel- und Feigenbäumen so wie mit Getreideäckern wohlbestellte Ebene an, die sich zwischen den Bergen hin bis an das jenseitige Meer zieht.“ (bis Eristos)

    Megalo Horio heißt damals noch Episkopi und hat etwa 120 Häuser, Mikro Horio und Livadia hat Ross nicht gesehen: „Über dem Dorfe (Episkopi) ziehen sich die Reste der alten Stadt an dem sehr steilen Abhang des Berges hinauf. (…) Mühsam klommen wir über das Geröll die steile Höhe hinan (…). Auf dem schmalen Gipfel des Burgfelsens ist ein verfallenes mittelalterliches Schloß an der Stelle der alten Akropolis.“

    Ross findet oben die Kirche des Erzengels Michael (Taxiarchon), die auf den Fundamenten eines alten Tempels steht: „Eine Inschrift vor der Kirche zeigt, daß dies ein Tempel der Athene Polias und des Zeus Polieus war. (…) Von diesem Gipfel hat man gegen Norden eine weite Aussicht auf Nisyros, Kos, Halikarnassos und Knidos.“

    Im Hafen von Aghios Antonios sieht Ross „den Untertheil einer bekleideten weiblichen Statue aus weißem Marmor und von vorzüglicher Arbeit, der in einen Schoppen (Schuppen?) eingemauert ist und aus Knidos hierher gebracht worden sein soll.“ In Episkopi findet Ross Grabinschriften, die er kopiert und Inschriften und alte Werkstücke in der „Kirche der Panagia Katholiki, (die) auf einem ausgedehnten Mosaikboden steht, der aber nur Ornamente darstellt.“

    Ross übernachtet auf dem Schiff, über die Inselbewohner hat er nicht viel zu sagen: „Im Ganzen enthält das Eiland nicht über 200 Familien oder 800 bis 1000 Seelen. Die Einwohner leben nur vom Feldbau.“

    Zitate aus: “Reisen nach Kos, Halikarnassos, Rhodos und der Insel Cypern”, Halle 1852

  4. Ok also ich habe 3 Monate in Tilos verbracht, hauptsaechlich in Eristos und muss sagen das diese Insel einer der schoensten und traditionellsten Inseln in Griechenland ist. Natuerlich wenn man auf Massentouristmus abfaehrt ist man dort falsch am Platz. Ansonsten kann man in Plaka und Eristos gratis campen, es gibt auf dieser winzigen Insel mindestens 10 Schloesser und etliche andere Dinge die man erkunden kann. Alles auf eigene Faust! Intressierte Menschen werden auf dieser Insel Ihren Spass haben, alle anderen die nach nem Entertainer suchen, sollten besser zu Hause bleiben.

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