Kali Limni, nicht klein, aber fein …

CH Briefmarken
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Kali Limni Bergkette
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Gut, ganz so eindrucksvoll wie die Dreier-Gruppe im Berner Oberland sieht die Dreiergruppe zwischen Profitis Elias (1168 m) und Stroumboulas (1183 m) mit dem Kali Limni als höchsten Punkt des Dodekanes (1215 m) nicht aus. Besonders, wenn ihre Gipfel in den Wolken verschwinden …
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Zum Kali Limni. Zum höchsten Punkt von Karpathos? Nee, eigentlich wollte ich da gar nicht rauf. Ich hatte die „Wanderung 12“ (Antje & Gunter Schwab, Müller 2010) überflogen (Agios Georgios tou Lefkou zum Gipfel über 1000 Höhenmeter, steil und teilweise weglos …) und das Katharina schon vor Reisebeginn erklärt. (Katharina führte in diesem Jahr eine Vierer-Frauen-Reisegruppe.)
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Und Katharina wollte ja auch ihre Cousine mitbringen, und die sei in der Schweizer Berggemsen-Liga champions-league-reif, hörte ich. Schon weil ihre Söhne bei jeder Höhenwanderung die offiziell genannte Wegdauer um jeden Preis unterschreiten müßten. Gut, ohne solchen Ehrgeiz zu wecken, kriegt man 13jährige ja auch nicht auf den Berg …
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Seit vier Tagen wurde ich in Mesochori davor gewarnt, aufzusteigen. Dichte grauweiße Wolken drehten sich träge und unablässig um die Gipfelkette. Im Tal war es teils lausig kalt. Bei den Sichtverhältnissen riet jeder vom Aufstieg ab, da sähe man weder die Wegmarkierungen noch den kaum erkennbaren Pfad. Und was nützt eine GPS-Steuerung, wenn man nicht sieht, wohin man den nächsten Schritt setzt. Immerhin gibt es auf den Ägäis-Inseln kaum Berggipfel von 1215 Meter Höhe (vergessen Sie mal Kreta).
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Kali Limni Pause
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„Wo bleibt er denn wieder? Wir wachsen hier gleich fest!“
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Sonntag waren Katharina und Cousine Barbara den Fußweg von Spoa nach Mesochori heruntergewandert. Den Weg hatte ich in umgekehrter Richtung hinter mich gebracht, und wir saßen nun vor der Tramountana Grill & Bar in Mesochori und fluchten über diesen so übel vernachlässigten und wüst überwucherten Weg. Aber morgen sollte klares Wetter sein, und wenn wir zur Lastos-Alm hinauffahren würden, hätten wir über die Hälfte des Höhenunterschieds schon hinter uns … ob ich unter diesen Umständen doch mitwill? OK, das paßt.
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Kali Limni Wegschild Montag, halb zehn. Ich zwinge mir zum letzten Mal das ewig gleiche Frühstück bei To Steki rein, mit dem üblichen Widerwillen. Die beiden Damen kommen im Auto aus Arkasa, überpünktlich. Abschied also von Mesochori. Aber der Berg muß noch warten. Das Auto muß betankt werden, und das ist auf Karpathos nicht so einfach. Der Ausflug beginnt also mit einer schönen Serpentinen-Fahrt über die Landsträßchen der Bergdörfer bis kurz vor Pigadia. In der Inselmitte gibt es nämlich keine Tankstelle. Wenn es für die Dorfbewohner schon runter zum Insel-Hauptort geht, dann zuerst zum Zapfhahn! (Ich möchte mal wissen, wie viele volle Treibstoff-Kanister in den Kellern der Bergdörfer gehortet werden … und Diesel aus dem Heizöltank, das lohnt heute finanziell auch nicht mehr.)
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Also endlich rauf zur Lastos-Alm. Ob mir hinten im Auto schlecht sei, ich sei so ruhig? Um Himmels Willen. Ich genieße die Aussicht! Das schöne Wetter hält sich. Kurz hinter der Tankstelle überholen wir eine einsame Mountainbike-Fahrerin, die munter aufwärts strampelt. Es wird nicht unsere letzte Begegnung sein …
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Man hatte mich in Mesochori gewarnt. Vor Thanasis, dem „Hüttenwirt“ auf Lastos. Er fülle die Leute mit Gratis-Raki ab, bis sie nicht mehr Autofahren könnten und in einem seiner Zimmer übernachten müßten … 🙂 …
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Lastos, die Taverne „Zum guten Herzen“. Die Damen steigen in ihre Wanderschuhe, ein Frappé zum Durchatmen, bevor nun das gute Herz belastet wird. Tavernenwirt Thanasis zählt noch schnell auf, was in der Küche brutzelt. Hase oder Huhn zum Beispiel. Vor der Küche hängt ein ganzes Schaf im Plastiksack. Eier gingen auch, die gut erzogenen Haushühner legen ihren Beitrag zum Haushalt nämlich gleich in der Ofen-Nische ab.
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Lastos Karpathos
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Also los. Wir sind nicht die einzigen, die auf gutes Wetter gewartet haben. Direkt vor uns läuft ein Paar aus Bayern. Allerdings ist seine Motivation größer als ihre. Nach einiger Zeit zieht sie sich auf einen halbwegs schattigen Rastplatz zurück, und er macht den Gipfel alleine.
Geradezu im Laufschritt. Und ohne Gepäck und ohne Wasser. Ich bin noch im letzten Drittel aufwärts unterwegs, da kommt er schon wieder heruntergehüpft. Erleuchtet lächelnd. Sei echt toll da oben, und diese Aussicht!
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Lefkos vom Kali Limni
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Aussicht 1. Ganz weit unten im Westen: Der Strandort Lefkos.
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Karpathos Norden
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Aussicht 2. Der komplette Norden der Insel.
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Den Motivationsschub kann ich brauchen. Die Damen habe ich längst ziehen lassen, und als ich endlich am Gipfelkreuz ankomme, schaut Katharina auf die Uhr: „Viertelstunde …!“ Nur eine Viertelstunde? Ich war der Meinung, meine Verspätung sei größer gewesen. Und Katharina hatte mich längst in ihrer Gipfel-SMS Richtung Germania „verpetzt“. Der Empfänger meldet sich 18 Tage später vom höchsten Punkt von Schinousa. 134 Meter. Das ist fast so hoch wie der Kölner Dom … 🙂 …:
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SMS Gipfel Kali Limni
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Kaum, daß ich meine Kamera für die fälligen Panoramabilder ausgepackt habe, höre ich Schritte hinter mir. Die Radfahrerin ist da! Sie war inzwischen von 0 Meter auf 750 Meter raufgeradelt, und hatte den Rest des Höhenunterschieds flott zu Fuß zurückgelegt. Sie freut sich: Sie wollte uns ja noch oben erwischen, damit wir ein Foto von ihr machen können. Sie ist bald wieder weg … wahrscheinlich muß sie am Tagesende noch 5 Kilometer schwimmen, um ihr heutiges Triathlon-Ziel zu erreichen …
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Gipfelkreuz Radfahrerin
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Da fällt mir ein … ich habe auf Karpathos schon Leute gesehen, die auf Bergstrecken ihr Mountainbike auf der Schulter trugen (!).
Allerdings haben sie nicht so fröhlich gestrahlt wie unsere heutige Gipfelbegegnung. Froschgrün und kniefrei …
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Gipfelbuch Kali Limni
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Wichtig. Eine Spur im Gipfelbuch hinterlassen.
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Gipfelbuch EintragungUnd von Westen kommen noch zwei Leute herauf. Franzosen älteren Semesters. Sie haben tatsächlich den Fünfstundenweg ab Lefkos-Hafen hinter sich gebracht, und werden wohl den gleichen Weg zurückmüssen. Die nicht ganz preiswerte Alternative wäre der Abstieg mit uns nach Lastos, um sich da vom Taxi abholen zulassen.
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Und – was mich betrifft – ist der Abstieg ohnehin schwieriger als der Aufstieg. Man hat ja nur teilweise eine Art Fußweg vor sich, meist steigt man weglos von Stein zu Stein steil abwärts, und bei jedem fallenden Tritt drückt das ganze Körpergewicht auf das Knie. Auch wenn der Wanderstock das etwas abfedert. Wenigstens mache ich keinen falschen Schritt, der meine Bänderdehnung im linken Fuß wieder aktiviert. Trotzdem sind die Damen immer weit unter mir und sicher wieder eine Viertelstunde vor mir in der Taverne.
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Kali Limni Abstieg
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Abstieg. Beachten Sie die beiden roten Pfeile. Ja, das sind die beiden Gemsen.
Auf der Flucht …

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Barbara war an der Taverne noch einmal umgekehrt, um nach mir zu schauen. Weil ich mich an der letzten Wegkreuzung länger als nötig aufhielt. Nein, keine Bergrettung nötig, Barbara, ich wollte nur das Wegschild fotografieren …! Und die ältere Generation darf sich ja ruhig etwas Zeit lassen. Meint sicher auch Wirt Thanasis, der auf unsere Bestellung lauert.
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Karpathos Lastos Taverne
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Zum Essen kommt auch der Raki. Mir ist es egal, mein Magen verlangt nach nichts Festem außer ein paar Löffeln Fava, und den Raki spüle ich mit Mythos runter. Barbara, die das Auto fährt, leistet hartnäckig Widerstand, wenn Thanasis wieder mit der Flasche kommt. Nein, Thanasis wird keine Nachtgäste haben. Die Rückfahrt nach Arkasa im Abendlicht ist angenehm, und wir finden ein Apartment für mich (umweltmäßig inkorrekt, mit gefülltem Swimmingpool samt vollautomatischem Reinigungsroboter). Nun ja. Auch hier ließe sich ein Triathlon abschließen …
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Arkasa Pool Popis Studios
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Zwei Tage später. Warten auf die Prevelis am Hafen in Pigadia. Na, diese Waden kenne ich doch …? Tatsächlich, Richtung Diafani nimmt auch unsere Radfahrerin das Schiff und nicht die Bergstrecke:
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Pigadia Hafen Prevelis
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Und wie kommt ein Berg, der Kali Limni (Kαλή Λίμνη) heißt, eigentlich an seinen Namen?
Limni heißt doch See …
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4 comments

  1. Hallo Richi! Aus verschiedenen Gründen haben Katharina und ich in diesem Sommer mehr Zeit als früher …
    Grüße aus der Sturmschadenzone (έλα έλα!), Theo

  2. Gipfelbuch gab es keins im November 2015. Nur Zettelchen mit Anwesenheitsnotizen. Die waren sich ziemlich einig. So richtig Spass gemacht hat der Aufstieg ja nicht, aber gelohnt hat er sich schon.

  3. Ich weiß es nicht, aber ich vermute mal, das Gipfelbuch liegt im Winter bei Thanasis (Taverne auf der Lastos-Alm). Aber der hat im Winter bestimmt auch zu …

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