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Eins der größten Probleme des deutschen Reisenden in Griechenland im 19. und frühen 20. Jahrhundert war ein wirklich schreckliches: ES GAB KEIN RICHTIGES BIER.
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Meyers Reiseführer “Griechenland und Kleinasien” 1901
Gut, wenn man sich nur in den großen Städten aufhielt, hatte man noch Glück. Seit 1864 produzierte die von Johann Ludwig Fuchs (Fix) gegründete Brauerei in Athen wenigstens das Nötigste …
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Fix-Werbung aus dem 19. Jahrhundert
Und es gab ja in Athen und anderen großen Orten auch Stätten, wo importiertes Gebräu konsumiert werden konnte:
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Badedeker “Griechenland”, 1888
Wer jedoch unterwegs war im Land, der mußte gewöhnlich LEIDEN. Ich könnte mir die Mühe machen, aus Dutzenden von Reiseberichten, egal ob von Archäologen oder Touristen, mal die Stellen rauszusuchen, wo dann irgendwann mal kaltes (jajaja …!) Flaschenbier aus Wien oder München aufgetrieben wurde, oder wo ein deutschstämmiger Gastgeber sowas für sich und seine Gäste vorrätig hielt!
Solchen OASEN wurde immer mit euphorischer Begeisterung für die Nachwelt beschrieben, und meistens wurde dann die attische Nacht durchgesoffen und es wurden heimwehgefärbte Lieder gesungen und Kaiser Wilhelm lebte hoch-hoch-hoch …
Klar, daß die Touristen-Industrie den Reisenden ein wenig half, zu ihrem Recht zu kommen. Hier Jacobis Sprachführer von 1900:
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Besonders lieb finde ich, daß auch mal nach dem biertypischen Essen gefragt werden sollte: Schinken mit Sauerkraut und Butterbrot mit Wurst, hach, das hatte man in Griechenland doch auch schon sooo vermißt. (Nur die Frage nach’m Radi, die hoam’s vergessen …) Ja, was machte dann der einheimische Tavernen-Wirt, wenn der Touri ihm diese Sätze aus dem Sprachführer vorlas …?
Egal … “Ihr Fräulein Schwester soll leben!” … jawoll ! … hoffentlich gab diese Bemerkung nicht gleich handfesten Ärger mit dem Bruder der Dame am Nebentisch … 🙂 …
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Man darf nicht vergessen … schon der erste griechische König stammte aus Bayern! Und nicht nur in Bayern war das Biertrinken lebenswichtig. Und die Entzugserscheinungen auf einer Reise in den Süden konnten alarmierend sein. Oben die durchschnittliche jährliche Verzehrmenge des anonymen Münchner Biertrinkers im Jahre 1904 (aus: Velhagen & Klasings Monatshefte, Okt. 1904) Das Problem reflektiert auch die damalige Werbung (Reisende und Münchner Kindl Bier, 1922):
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Man muß noch was nachtragen, was im Orient als “Zubehör” zum Bier auch noch vermißt wurde! Hier ein Zitat aus “Reise nach Konstantinopel und Griechenland im Frühjahr 1900” von Georg Wartenberg: “Übrigens war das Dreherbier auf dem Schiffe nicht dazu angethan, uns zu Ausschweifungen zu ermuntern. Dennoch zechten wir noch einige Zeit in der Kajüte. Doch gelang es dem Doktor nicht, Skatkarten aufzutreiben.”
Mittlerweile gehört Bier ja auch zum griechischen Volksvermögen. (Den Markt beherrschten 2010 zu 86% jedoch Heineken und Amstel, zu 5% Mythos.)
Und wenn es einem nach einem Telefon in Form einer MYTHOS-Bierdose ist, der lokale Devotionalien-Handel hat es vorrätig:
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Unter den Frauen in Griechenland herrscht heute die Einstellung vor, man müsse sich erst weitgehend von seiner Kleidung befreien, bevor man zum Bier greift (Foto Mythos):.
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NACHTRAG 27.10.2013
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Während sich die Oktoberfest-Kultur immer mehr ausbreitet, international und sogar bei uns im Ruhrgebiet, hält sich auch Griechenland nicht mehr zurück. Da gibt es in Volos, am alten OSE-Bahnhof, die „Curious Bierkneipe Valentin“. Ja, Karl Valentin, der sollte Ihnen ein Begriff sein …
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Zieht offenbar ein sehr junges griechisches (!) Publikum an, die Curious Bierkneipe. Und ja, in diesem Jahr gab es da auch das erste OKTOBERFEST! Mit Hacker-Pschorr Oktoberfestbier (zu Wiesn-Preisen), mit Schweinshaxn, Semmelknödel und Kraut!
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Ja, Hellas, des samma mia:
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Wenn Ihnen das Bayern-Folklore-Getümmel zu groß wird, haben wir 2 Empfehlungen. Die Wand auf der anderen Straßenseite, gegenüber vom Valentin, zeigt EMPFEHLUNG 1 … schön vollaufen lassen, bis der Blutdruck steigt, und dann die mehr oder weniger friedliche Auseinandersetzung mit den lokalen Nazis suchen:
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EMPFEHLUNG 2: Gehen Sie nach dem Verlassen des Lokals noch zum Kiosk, kaufen Sie sich ein FIX Lager (oder Fix Dark), und lassen Sie auf dem Hotelbalkon still den Tag ausklingen:
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NACH OBEN
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Köstlich, Deine Artikel! Wie gut, dass ich (obwohl ich Münchnerin bin) auf Reisen nach Griechenland dies Problem nicht habe. Ich mag nämlich überhaupt kein Bier, kann aber auch auf vieles verzichten, wenn man mir eine Reise in das schöne Griechenland schenkt. Allerdings gibt es schon Menschen, die sowas sehr tragisch sehen. Ich erinnere mich noch an eine Erzählung meiner Schwester, die ein mal in ihrem Leben in Griechland auf Chalkidiki war und zwar in den 90ern. Sie trinkt gerne Weißbier. Also normales Bier konnte man natürlich überall bekommen, aber Weißbier? Aber sie fanden in einem kleinen Fischerort sogar eine Taverne, die “Erdinger Weißbier” hatten und tranken in der Zeit des Urlaubs den ganzen Bestand weg, weil man doch unbedingt an seinen Gewohnheiten festhalten muss…..
Sonst hätten die armen Tröpfe doch tatsächlich während ihres gesamten 14-tägigen Urlaubs im Hotel bleiben müssen 😉
Viele Grüße aus München
Ulli
Ich bin kein Biertrinker (eher Wein), aber ich musste schmunzeln, das Freunde von mir auf Symi umgerechnet 12 DM für eine Flasche Weissbier ausgaben, wo das Haltbarkeitsdatum schon Monate zurück lag. Das war im Jahre 2000.
Ich bin ein begeisterter Leser Deines Webs.
Gruß Frank
Hallo Frank, in fernen-früheren Zeiten, als es beim Bierbrauen noch das “Deutsche Reinheitsgebot” gab (was offiziell heute auch noch gilt, höre ich, ganz besonders bei Weißbier aus Bayern, ähem …), da war Flaschenbier einige Monate nach dem Haltbarkeitsdatum sauer und flockig-trüb …
Durch ein Wunder des Gambrinus (das ist der oberste Schutzheilige der deutschen Bierbrauer und Lebensmittel-Chemiker) ist das wohl heute nicht mehr so … 🙂 …
Theo
hihihihi super Artikel, schön auch die falsche Übersetzung 😉
“Ακόμα ένα” das heißt doch “Ακόμα μία” *grins
η μπύρα… nich το μπύρα… köstlich, echt gut!!
Viele Grüße von Dauerleserin
Nicola
akoma ena bezieht sich auf “potiri”, also “noch ein Glas”, also alles richtig… ,wenn ich mich nicht irre…
und sooo teuer, wie Frank geschrieben hat,war bei mir auf Symi das Weißbier (Erdinger und Weihenstephaner) auch nicht…
Grüße von einem Griechenlandfreund
Beachtlich beachtlich, daß du bei 35°C im Athener Schatten noch Fehler in Jacobs Sprachführer findest … gebense der Dame noch ein Alkoholfreies!
🙂 Theo
Wie nur 35 Grad? *lach…. sind schon ein bißchen mehr hier!!!
Aber auch GR ist im 21. Jahrhundert angekommen (temporär jedenfalls) und wir dürfen sehr bequem in einem neuen Bürohaus bei Klimaanlage arbeiten. Naja ist ja auch ne deutsche Firma!!
Nach der Arbeit zum Strand. Was will Frau mehr? Das ist fast wie im Paradies…….
Ja- und wo bleibt mein Alkoholfreies jetzt???? *grins
LG, Nicola
😀
http://www.myspace.com/satumaa
Ist es noch nicht gekommen? Ich bin erst im September wieder in Athen, sonst würde ich sofort drum kümmern …
🙂 Theo
Wenn man Glück hatte, gab es damals sogar Freibier. Auf dem Lloyd-Dampfer “Habsburg” gibt es im August 1908, während das Schiff Kreta passiert, eiskaltes Pilsener, gratis: “Da gab es dann eine gewaltige Drängelei am Büffet, denn es ist eigentümlich, wie sich die Deutschen zur Arbeit melden, wenn Trinker gesucht werden, weil es an leeren Fässern mangelt.”
Aus “Die Reise ins Pharaonenland – Vierte Deutsche Mittelmeerreise unter Leitung von Prof. Dr. Konrad Miller”, Ludwig Hamann, 1909.
Das Nisos Bier aus Tinos war jetzt in Bayern (!) sogar medaillenwürdig. Mein Geschmack ist es nicht. Unter den Produkten der Kleinbrauereien lieber ein frischgezapftes Glas vom Griesbräu in Murnau … aber über Geschmack sollte man unter Biertrinkern nicht streiten.
Preiswert ist Nisos nicht. Wir haben in der Taverne auf Tinos bereits 5 Euro pro 1/2-Liter-Flasche bezahlt. Nach AfD-Maßstäben sind das 10 D-Mark …
Auch im Supermarkt liegt der Preis deutlich über dem Durchschnitt:
http://greece.greekreporter.com/2014/11/13/nisos-beer-wins-first-silver-medal-for-greece/
Wenn jemand die Inhaber der Insel-Mini-Brauerei und ihr Produkt sehen will:
http://news.gtp.gr/2014/11/17/greek-beer-from-tinos-isle-wins-silver-european-beer-star/
Maya Tsokli wurde übrigens als TV-Journalistin bekannt (“ΤΑΞΙΔΕΥΟΝΤΑΣ ΣΤΗΝ ΕΛΛΑΔΑ = Travel in Greece”). In diesem Video geht es um Patrick Leigh Fermor:
http://www.hprt-archives.gr/V3/public/main/page-assetview.aspx?tid=74753&tsz=0&act=mMainView&mst=00%3a11%3a40%3a00
jassas, habe noch dei interessante und informative Artikel zum Thema griechischen Bier, bzw. Bier von der Insel Kreta.
Welches Bier trinken wir?
http://dergeschmackvonkreta.blogspot.de/2012/04/zum-tag-des-deutschen-bieres-am-23.html
Insel der Bierseligen – Brink’s Rethmynian Dark und Blonde
https://schlimmerdurst.net/2016/07/28/brinks-rethmynian-dark-und-blonde/
Rethymna Beer – Heute Brinks Beer.
http://radio-kreta.de/rethymna-beer-heute-brinks-beer/
vg aus Hamburg, kv
*Bis auf wenige Ausnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern. Bei übermässigem Genus ist das Beste Bier ungesund. Menschen mit Alkoholproblemen sollten Bier volkommen meiden.“
… aus radio-kreta.de (s.o.). 🙂 Aber eigentlich ist mir Ziegenmilch oder Wein ohnehin lieber.
Der griechische Biermarkt wächst – und wird immer vielseitiger. Hoffenlich fangen die auf Qualität (!) ausgerichteten griechischen Biertrinker nicht auch noch an, das Zeug aus der Flasche zu saufen.
In Deutschland gilt das ja inzwischen als “cool”, ich finde es widerlich:
http://www.ekathimerini.com/221887/article/ekathimerini/life/beer-from-greek-microbreweries-gaining-popularity-at-home-and-abroad