Kazaviti, die neue Zeit

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Blick auf Megalo Kazaviti
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In den Zeiten, als noch alle Gefahr vom Meer her kam, war Kazaviti am hinteren Ende des Tales im Nordwesten von Thassos noch der gesuchte Siedlungsort, und nicht Prinos in der Ebene, oder gar Skala Prinou, der heutige Fährhafen. Seit dem Ende des II. Weltkrieges wurde Kazaviti jedoch mehr oder weniger aufgegeben.
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Der doppelte Dorf (Megalo und Mikro Kazaviti) liegt jedoch im grünen Zentrum eines Netzes von Fußwegen, und der Weg durch den im Jahr 1989 verbrannten Kiefernwald zum Kloster Agios Panteleimonas ist der bekannteste davon. (Empfehlung: Lieber von Sotiras über Panteleimonas nach Kazaviti laufen, und dann bei der Taverna O Andreas auf der Platia von Megalo Kazaviti den Magen füllen und entspannen … da, wo die hohle Platane steht.)
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Taverna O Andreas
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Im Laufe der Zeit wurde das weltvergessen-stille Kazaviti auch von griechischen Künstlern und Intellektuellen entdeckt (der Sänger der Heimerinou Kolymvites zum Beispiel soll hier eine Zweitheimat haben), und auch finanzkräftige Käufer aus Nordeuropa (einige Deutsche) erwarben und renovierten einige der traditionellen Häuser. (Gar nicht schlecht, denn das nur 4 Kilometer entfernte Prinos bietet die nötige Infrastruktur!) Mikro Kazaviti hat übrigens eine Freilichtbühne, wo im Sommer das Kazavitiana-Festival mit Musik-, Tanz- und Theater-Vorstellungen stattfindet. (Ja, im Winter wohnt hier kaum einer, aber im Hochsommer kann es in Kazaviti auch schon mal voll sein. Man kann im Ort auch übernachten!)
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Renovierter Komplex von Altbauten im oberen Bereich von Megalo Kazaviti
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Jedoch ist es vielleicht bald wieder vorbei mit der meditativen Stille. Und die Winde des Wechsels kommen wie früher über’s Meer, und zwar diesmal aus Bulgarien. Wo die Bauarbeiter noch zahlreich und billig sind …
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Immobilienwerbung in Kazaviti, für nicht ganz traditionelle inseltypische Häuser. Fällt Ihnen sonst noch was auf?
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Ja, in Kazaviti wird gebaut. Die Firma GRBG-Properties aus Sofia hat in Mikro Kazaviti ein Grundstück für (zunächst) 20 Gebäude gekauft. Mehrere verschiedene Haustypen werden angeboten. Und es wird bereits kräftig betoniert. Und wo der Anbieter seine Zielgruppe sieht, ist leicht zu erkennen. (Ja, es gibt auch noch ein englischsprachiges Bauschild.) Thassos steht nämlich ganz oben auf der Liste der Ferienziele des Nachbarstaates im Norden.
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Bei http://www.—.com können Sie sich (u.a. per Video-Präsentation) einen Überblick verschaffen. Es wird ein geschlossenes und verschlossenes Wohngebiet angestrebt. “A close-type complex with a checkpoint with a barrier” entnehme ich der englischen Version ihrer Werbung. Ehrlich gesagt, so möchte ich nicht unbedingt wohnen, auch nicht mittendrin im finsteren Räuberwald, weder in Deutschland noch in Griechenland …
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27.04.2016  NACHTRAG: Ob sich nicht genug Investoren für die Häuschen gefunden haben? Inzwischen hat sich in dem Komplex ein Apartment-Hotel eingerichtet, das von mehreren Reiseagenturen angeboten wird.
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Suburbia Thassou, in der Videopräsentation …
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Ich bin übrigens beim Herumsuchen im Internet (wg. der Firma GRBG) auch in einem deutschen Griechenland-Forum gelandet, wo einige Thassos-Fans ihr Entsetzen über den Zeitenwandel aussprachen.
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Nachtrag: Man kann im Sommer von Prinos aus auch durch den ausgetrockneten Fluß nach Kazaviti wandern, wenn man nicht die Straße benutzen will. (Zugang: Direkt hinter der Dorfgrenze von Prinos finden Sie rechts eine Furt.) Der Flußweg ist allerdings unbequem, und man hat keinerlei Fernsicht … ich selbst bin auch nach einiger Zeit wieder zur asphaltierten Piste hochgestiegen. Es gibt da praktisch keinen motorisierten Verkehr.
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11 comments

  1. Hallo Theo
    Bin auf deine Webseite durch Meike (Syros) gelandet. meike ist zufällig meine Cousine und kann super toll kochen.Wir waren mal auf Syros, als sie noch mit Georgo verheiratet war. Das neue Restaurant kenne ich nur vom erzählen.Aber warum ich dir schreibe: Mich interessiert eher Thassos. Wir sind seit 1988 dort und waren letztes mal vor 5Jahren da.Wir sind immer in Agios Georgios.Als wir letztes mal dort waren, war ich ein bißchen schockiert das sich die Engländer in dem Dorf so breit gemacht haben. Lese bei dir auf der Seite das in Kazaviti von den Bulgaren viel gebaut wird. Die Taverna O Andreas wird ( oder wurde) von unseren Freunden Maria , Andreas und seiner Mutter betrieben. ( Maria und Andreas sind schon lange getrennt)
    Meine Frage: Ist das in diesem Abschnitt der Insel wirklich so schlimm mit dem Tourismus geworden.
    Eine Antwort wäre schön
    mfg
    Alice

  2. Hallo Alice, kleine Welt! Also wer genau hinter dieser Baufirma aus Sofia steht, die in Kazaviti diesen “Vorort” baut, das wurde mir auch nicht klar, nachdem ich das Internet quer nach Informationen abgesucht hatte. Jeder kann ja in der EU da eine Firma gründen, wo es finanziell/steuerlich für ihn am günstigsten ist, und muß das der Welt auch nicht mitteilen.
    Also NOCH hat Kazaviti atmosphärisch die “alte Stimmung” … aber wenn erstmal einer angefangen hat, einen Ort richtig “aufzumöbeln”, dann bleibt er gewöhnlich nicht der einzige, der das tut. Bin mal gespannt, ob die die Häuser auch verkauft kriegen. (Für die Engländer ist Griechenland ja plötzlich 25% teurer geworden durch die Pfund-Abwertung …!)
    Jedenfalls gibt es in Mikro Kazaviti (in Baustellennähe) eine neue Taverne, mit einer Schweizer Chefin, wie ich gehört habe, und die soll Andreas qualitativ eine gute Konkurrenz sein …
    Theo
    Grüß die Meike, wenn du eine Gelegenheit hast!

  3. HalloTheo
    Danke für deine schnelle Antwort.
    Meike kommt ja nur alle 1-2Jahre nach Deutschland und jetzt mit der Taverne? Wer weiß wann ich sie mal wieder sehe. Werde die Grüße an ihre Mutter (meine Tante ) weitergeben. Sie spricht öfters mit ihr.
    mfg
    Alice

  4. Hallo Theo,

    schön, dass es bei Dir mit Deinen Webseiten weitergeht. Wenn ich Zeit habe, schaue ich ab und an rein und fühle mich fast wie im Urlaub.

    Der Bauboom in Kazaviti ist natürlich nicht nett, aber ich glaube, dass die Krise, die weltweite, ihre Bremswirkung nicht verfehlen wird… Oder haben die Bulgaren so viel Geld aus den EU-Töpfen gekriegt, dass sie den Griechen unter die Arme greifen Können bzw. müssen (heimlich, als so ‘ne Art Entwicklungshilfe…). Motto: Fishermen’s friend.

    Ab hier wird’s heikel und persönlich:
    Theo, ich weiß, Du bist der Spezialist für das Erlernen der griechischen Sprache, kennst Du ein Lernpaket für ältere Herren, das Du empfehlen kannst?
    Über eine Antwort würde ich mich freuen.
    Liebe Grüße auch von Gertraud
    VlG
    Klaus

  5. Wie komme ausgerechnet ICH denn zu DEM Ruf? Älteren Herren rate ich jedenfalls, BALD anzufangen. Damit sie nach 25 Jahren Lernzeit auch noch was haben von ihren Sprachkenntnissen!
    🙂 Theo (und grüß die Gertraud!)

  6. ach mensch, schöne stunden waren es in “casa vitti”. manchmal denke ich noch an das angebot an den “arbeitsurlaub” dort. immer wenn ich stress habe, denke ich “zur not könntest du noch nach kazaviti” … grüße!

  7. Aus der Traum mit der bulgarischen “Feriensiedlung”. Die Fa. ist vor einigen Jahren insolvent geworden und jetzt verfallen die Häuser wieder. Ich bin seit 1995 durchschnittlich 2mal in Mik. Kasaviti. Der marode Charme eines verfallenden Dorfs verschwindet immer mehr. Nicht ganz unschuldig sind Griechen an dieser Situation, die sich hier gelegentlich eine moderne Sommerfrische errichten. Man sollte aber nicht mit verklärtem Blick auf die Insel schauen der “Fortschritt” gehr auch dort weiter. Allein in Mik. Kasatviti haben in den letzten Jahren mindestens vier Hotels und Pensionen eröffnet. Der Erfolg ist jedoch zweifelhaft einige sollen zum Verkauf stehen. Wer wie ich jedes Jahr 2 bis 3 Wochen Oliven erntet sieht den möglichen Arbeitsurlaub auch kritischer. Dennoch freue ich mich auf meinen Ruhestand, den ich in Mik. Kasaviti zusammen mit meinem Freund Janis und seiner Frau Stamatia verbringen werden. Die beiden Betreiben das kleine Restaurant neben der Kirche in Mik. Kasaviti. Dort kann man echte griechische Hausmannskost genießen. Stamatia kocht auf Bestellung auch schon einmal etwas besonders typisch Griechisches.
    Wenn ihr einmal bei “O Janis” vorbeikommt bestellt Grüße vom Phidi Germanos, dann gibts bestimmt Tziporou gratis.

  8. Danke für die Information, Manfred. Ich habe Thassos in den letzten drei Jahren gar nicht mehr gesehen, stelle aber gerade fest, daß die Internet-Adresse der Firma abgeschaltet ist.
    Freunde von mir sind im Mai wieder auf Thassos, ich gebe das weiter, daß sie bei “O Janis” reinschauen, und auch Grüße ausrichten!

  9. Hallo Theo,

    ich hoffe, es geht Dir gut.

    Es ist ja schon mächtig lange her, dass sich jemand bei Dir gemeldet hat. Wenn ich mich nicht verrechnet habe fast 7 Jahre. Ich bin immer noch regelmäßig auf Thassos (Mik. Prinos/Kasaviti) und beobachte die Entwicklungen mit Interesse. Vielleicht interessiert Dich ein kleiner Bericht.

    Auch an Prinos sind die Krisen nicht spurlos vorbei gegangen. Zuerst die Finanzkrise 2008/2009, das gewaltige Feuer 2016 und jetzt Corona. Als die Finanzkrise gerade überwunden schien brannte es im Sommer 2016 im Tal von Prinos und weit darüber hinaus. Durch die beiden Dörfer Megalo und Mikro Prinos (Kasaviti) fegte das Feuer. In beiden Dörfern brannten Häuser ab. Es traf meist die alten, meisten unbewohnten Steinhäuser aber es waren auch renovierte Häuser und auch Neubauten dabei. Manche Hirten im Umfeld verloren ihre Ställe, Tiere verbrannten. Die kleine Kirche Ag. Marina am Friedhof von Mik. Kasaviti brannte wieder aus, der wunderbare nach den Feuern in den 1980ziger Jahren wieder aufgewachsene Pinienwald und viele der teils uralten Kastanien und Platanen im Umfeld der Dörfer verbrannten gleichfalls. Ganze Olivenhaine wurden Opfer der Flammen. Wir hatten Glück, das Feuer erreichte unser Häuschen in Mik. Kasaviti nicht. Man erzählte uns, dass eine Planierraupe das brennende Buschwerk im Umfeld im letzten Moment bei Seite schob – Glück gehabt. Mehrere der Bauruinen im „bulgarischen Pleite-Dorf“ brannten auch ab. Dort gibt es seit Jahren keine Veränderung.

    Der gerade wieder aufkeimende Tourismus kam nach dem durch die Wirtschaftskrise bedingten Rückgang fast zum Erliegen. Wer besucht schon eine Landschaft mit verkohlten Baumlaichen. Die Natur erholt sich doch wieder langsam und es grünt zusehends zwischen den verkohlten Stämmen.

    Gerade schöpfte man wieder Hoffnung da kommt die Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen. Der Tourismus ist ja für viele Griechen (nicht nur auf Thassos) die einzige Einnahmequelle kam fast zum Erliegen. Meine Frau und ich konnten im Sommer 2020 wegen der (zurecht) geltenden Einschränkungen nicht nach Griechenland reisen. Die traditionelle Reise im Herbst verlängerte sich ungewollt auf Grund des „Lookdowns“ insbesondere mangelnder Rückflüge oder anderer Reisemöglichkeiten um mehrere Wochen. In den Dörfern herrschte im November und Dezember eine Totenstille. Wer hinaus wollte, sei es nur um sich die Füße zu vertreten, muss(te) sich per SMS anmelden oder ein ausgefüllte Formblatt mit dem Grund des Verlassen des Hauses bei sich tragen. Zudem bestand eine nächtliches Ausgehverbot und ein weit reichendes Kontaktverbot. Die meisten Tavernen, Restaurants und Geschäfte sind geschlossen (gewesen).
    Ich habe den Eindruck, dass langsam, ganz langsam wieder alles in Kasaviti so wird, wie es 1995 bei meinem ersten Besuch war. Wie sagte einmal ein heute in Australien lebender Grieche aus Mrg. Kasaviti zu mir: „Es sind vergessene Dörfer in den Bergen um die sich niemand kümmert“. Um zu entscheiden, ob das zutrifft muss ein jeder selbst, bestenfalls nach einem Besuch, herausfinden.

    Es grüßt Manfred

  10. “Es ist ja schon mächtig lange her, dass sich jemand …”
    Hallo Manfred,
    danke für den ausführlichen und traurigen Bericht. Thassos Ist seit zehn Jahren aus meinem Blickfeld geraten (obwohl ich immer noch ein- bis dreimal pro Jahr in Griechenland bin), und auch aus dem der Leser von theopedia. Beispiel: Diese Seite über Kazaviti hatte – um 2009 herum – immerhin noch über 400 Seitenaufrufe pro Jahr, im letzten Jahr waren es noch 27, also zwei pro Monat! Den Umständen entsprechend wird ohnehin viel weniger nach Reiseinformationen gesucht. Darum wird außer mir wahrscheinlich in nächster Zeit kaum noch jemand deinen Text lesen.
    Ich hatte Katharina (nissomanie) empfohlen, sich mal im Januar 2020 bei Ilka in Limenas einzuquartieren. Sie hat ganz ausführlich – in mehreren Kapiteln – über den Winterschlaf der Insel berichtet:

    https://www.nissomanie.de/nord%C3%A4g%C3%A4is/thassos/

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